Es ist leicht, in Paris eine Nacht durchzumachen, in der Stadt der Lichter gibt es bis zum Morgengrauen Verlockendes. Auch die Bosse des FC Bayern haben diesen September an der Seine kein Auge zugetan, doch sie widerstanden allen Versuchungen, sie tagten bis zum Sonnenaufgang und entschieden: Trainerwechsel. Frühmorgens klingelte im Schwalmtal das Handy von Jupp Heynckes. Die Münchner waren in Not; sie brauchten nicht irgendwen.
Dass sich mit der Rückholaktion alles wieder zum Guten gefügt hat, passt ins Gesamtbild. Der Star ist der Trainer, dieser Trend deutet sich ligaweit an. Zumindest bestimmen die Übungsleiter immer öfter Geschehen und Schlagzeilen. In München verfuhren sie Jahrzehnte nach dem Grundsatz, die besten Spieler zu holen und ihnen einen möglichst erfahrenen Moderator zur Seite zu geben, der sie mit ruhiger Hand betreut. Doch sogar beim FC Bayern haben sich die Zeiten gewandelt: Die Planstelle Coach ist auch hier von zentralerer Bedeutung als einst. Louis van Gaal hat da – ungeachtet seiner ausgeprägten Egomanie – einige Pionierarbeit geleistet, und natürlich setzte Pep Guardiola Maßstäbe. Dass die Bayern intensiv nach einem Erben für Heynckes fahnden, spricht Bände. Leicht ist die Suche nicht.
Auch abseits der Säbener Straße zogen die Trainer in dieser Hinrunde viel Augenmerk auf sich, mehr als gewöhnlich. Peter Bosz irritierte als stoischer Begleiter des Dortmunder Niedergangs, Peter Stöger gelang ein beachtlicher Sprung in denkbar engsten Raum- und Zeitfenstern: Binnen exakt einer Woche von Köln zum BVB. Julian Nagelsmann erstaunt mit Stadionbesuchen fern von Hoffenheim und der Wahl seiner Mäntel; ihm ist zu wünschen, dass er 2018 die Kernkompetenz des Coachens wiederentdeckt – obwohl er sicher als Typ nach wie vor ein Gewinn ist. Domenico Tedesco (Schalke), Manuel Baum (Augsburg) und – mit Abstrichen – auch Leverkusens Heiko Herrlich lassen die kürzlich von Mehmet Scholl geäußerte Kritik an der jungen Trainer-Garde als geradezu lächerlich erscheinen.
Für eine besondere Pointe sorgte Ralph Hasenhüttl. Der Leipziger sagte, er sei noch nicht reif für den FC Bayern. So viel Selbstreflexion verdient Applaus – und der klingt doch fast genauso gut, wie wenn das Handy Laut gibt, weil Uli Hoeneß anruft.