Am Ende stand: der erwartbare Kompromiss. Leider. Denn mit seiner Entscheidung, Russland unter Auflagen zu den Olympischen Winterspielen im Februar in Pyeongchang zuzulassen, hat das Internationale Olympische Komitee erneut eine große Chance verspielt. Mit den überwältigenden Beweisen, dass es in Russland rund um die Spiele 2014 in Sotschi zu staatsgefördertem, ja staatsgelenktem Doping gekommen war, wäre es für das IOC leicht gewesen, mehr als die „neutrale Flagge“ zu zeigen.
Nicht anders als die Politik freilich sah sich die „Weltregierung“ des Sports den Mechanismen der Macht ausgesetzt. Russland ist ein großer Spieler mit überwältigendem Einfluss. Und wie die Sanktionen der Politik in den vergangenen Jahren stets moderat blieben, wollte sich auch das IOC eben nur für eine „Teilbestrafung“ entscheiden: Start für die – selbstverständlich nicht dopingüberführten – russischen Sportler nur unter neutraler Flagge.
Sportpolitisch hat das IOC damit den aus seiner Sicht richtigen, weil Russland nicht vollkommen verprellenden Schritt gemacht. Beim unabhängigen kritischen Beobachter kommt die Entscheidung aber als „fauler Kompromiss“ an, als Gemauschel unter den Mächtigen. Und gerade diese Haltung ist es, die der Olympischen Bewegung in den vergangenen Jahren seines früher hohen Ansehens beraubt hat. Das IOC wird von vielen nur noch wahrgenommen als korrupter, geldgieriger, prinzipienloser, größenwahnsinniger Apparat, der nicht in der Lage – oder willens – ist, den Schmiergeldströmen und der Dopingverseuchung Einhalt zu gebieten.
Die Quittung dafür sind die negativen Bürgervoten, die die Vergabe Olympischer Spiele in freie Länder zuletzt vielfach verhindert haben. Diese Entwicklung freilich hat bei der gestrigen Entscheidung offensichtlich keine Rolle gespielt. Denn das IOC hat Russland den ob der erdrückenden Beweise eigentlich nicht mehr möglichen Weg zu den Spielen geebnet.
Aus Moskau wird bis zum Start in Pyeongchang der Protest des scheinbar unschuldigen Opfers anhalten. Obwohl man auch im Kreml ganz genau weiß: Eine mildere Bestrafung war angesichts der unsäglichen Verfehlungen nun wirklich nicht drin.