-Was steht an?
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) entscheidet heute in Lausanne über Sanktionen gegen Russland im Dopingskandal während der Winterspiele 2014 in Sotschi. Im Raum stehen der Komplett-Ausschluss von den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang im Februar, ein Start des russischen Teams unter neutraler Flagge sowie weitere Einschränkungen wie der Ausschluss der russischen Athleten von der Eröffnungsfeier, ein Verbot der russischen Hymne oder eine Geldstrafe von 100 Millionen Dollar.
-Womit ist zur rechnen?
Viel hängt von den Ergebnissen der IOC-Kommission unter Leitung des früheren Schweizer Bundesrates Samuel Schmid ab. Die Kommission ermittelte in den letzten Monaten in der Frage, inwieweit Behörden und Polizei am Dopingsystem in Russland beteiligt waren und stellt ihre Ergebnisse heute der Exekutive des IOC vor. Bislang sickerten keine Informationen durch.
-Wie wurde der Skandal bekannt?
Die Dokumentation „Geheimsache Doping – Wie Russland seine Sieger macht“ der ARD-Dopingredaktion brachte schon Ende 2014 den Skandal ins Rollen. Zwei Berichte des WADA-Ermittlers Richard McLaren sowie die Aussagen des Kronzeugen Grigori Rodschenkow erhärteten die Vorwürfe. Laut McLaren sollen in der Zeit von 2011 bis 2015 rund 1000 russische Sportler von dem System profitiert haben.
-Wurden bereits Strafen verhängt?
Ja. Das IOC ließ mittels einer weiteren Kommission, die unter der Leitung des Schweizer IOC-Mitglieds Denis Oswald steht, die Proben der russischen Sotschi-Starter überprüfen. Oswald griff erstaunlich hart durch und sperrte bislang 25 russische Sotschi-Teilnehmer, darunter drei Olympiasieger, lebenslang für alle Funktionen bei Olympischen Spielen.
-Was genau passierte in Sotschi?
Grigori Rodschenkow, der frühere Leiter des Moskauer Dopinglabors, sagte nach seiner Flucht in die USA aus, dass bei den Winterspielen in Sotschi positive Proben mithilfe des Geheimdienstes ausgetauscht und manipuliert worden sind. Insgesamt sollen über ein Dutzend russische Medaillengewinner von Sotschi gedopt gewesen sein.
-Welche Haltung nimmt Russland ein?
Bislang hat das Riesenreich eine staatliche Beteiligung am Dopingsystem stets ausgeschlossen und sich gegen Sanktionen gewehrt. Selbst ein Start unter neutraler Flagge kommt für Russland nicht in Frage. Staatschef Putin bezeichnete eine solche Anordnung bereits als „Erniedrigung des Landes“. Gestern gab es dann allerdings moderatere Töne. Laut Kreml gebe es keine Pläne für einen Boykott.
-Welchen Stellenwert hätte ein Ausschluss Russlands?
In der über 120-jährigen Geschichte der olympischen Neuzeit wäre das ein Novum. Noch nie wurde ein Land wegen eines Dopingvergehens für Olympia gesperrt. Zwar gab es schon Ausschlüsse, die waren aber alle politisch motiviert. Russland wäre endgültig gebrandmarkt, sein bislang gutes Verhältnis zum IOC wäre für lange Zeit zerstört.
-Wie ist die Meinung in Deutschland?
Unterschiedlich. Rechtsexperten wie Michael Lehner oder Sportpolitiker wie Dagmar Freitag fordern den Ausschluss, Vertreter von Sportverbänden (siehe auch Bericht unten) warnen davor, unschuldige Athleten aus Russland zu sperren und sprechen sich gegen einen Kollektiv-Bann aus.