Erinnerungen an 2001

von Redaktion

Deutschlands Skispringer feiern den besten Saisonstart seit 17 Jahren – nun haben sie den ersten Heim-Weltcup vor sich

VON Patrick Reichelt

München – Als die Springertage am Ural Vergangenheit waren, wollte sich auch der Überflieger nur noch vor seinen Rivalen verneigen. Zu den Plätzen drei und vier hatte es für Stefan Kraft gereicht. Zweimal hatte sich der österreichische Gesamtweltcupsieger des Vorjahres vor allem den Deutschen beugen müssen. Mal war Richard Freitag der Bessere gewesen, mal Andreas Wellinger. „Es ist momentan unglaublich schwer, die Deutschen zu schlagen. Die sind enorm stark“, sagte Kraft.

In der Tat: Vor dem ersten Heimspiel am Wochenende in Titisee-Neustadt stehen die deutschen Springer mit zwei Siegen und vier Podestplätzen aus den ersten vier Einzelspringen so gut da wie seit 17 Jahren nicht mehr. 2000/2001 hatte die Generation um Sven Hannawald und Martin Schmitt die Fans mit ziemlich genau dem gleichen Ergebnis verzückt. „Fast historisch“ fand dann auch Bundestrainer Werner Schuster das, was seine Schützlinge da bislang ablieferten.

Der 48-Jährige hatte vor Saisonbeginn ja leise auf einen besseren Verlauf als in den vergangenen Jahren gehofft, als die deutschen Topspringer wie der derzeit verletzte Severin Freund oder zuletzt Andreas Wellinger in der Regel erst nach der Vierschanzentournee vollends in Fahrt kamen. „Wir haben den Formaufbau etwas anders gestaltet als zuletzt“, sagte Schuster.

Und siehe da: Der Neu-Münchner Wellinger etwa reiste im Vorjahr mit einem zehnten Platz in Lillehammer als Empfehlung zum Tourneeauftakt nach Oberstdorf. Bislang ist der neunte Rang von Wisla schon sein schwächster Qualitätsnachweis. Nicht zu vergessen natürlich die Wiederauferstehung von Richard Freitag. Den vergangenen Winter hatte er als 13. des Gesamtweltcups beendet, derzeit ist er die Nummer eins. Mit 270 Punkten hat er schon jetzt mehr als die Hälfte der gesamten Vorjahresbilanz (507) erreicht. Markus Eisenbichler als Vierter und Karl Geiger (9.) rundeten in Nischni Tagil das bemerkenswerte Mannschaftsergebnis ab.

Im Nationencup können vor dem Gastspiel im Schwarzwald nur die Norweger um Daniel Andre Tande Schritt halten. Eindrucksvoller hätte man den Ausfall des einstigen Vorfliegers Severin Freund (Reha nach Kreuzbandriss) nicht wegstecken können.

Natürlich weckt das Hoffnungen. Die großen Highlights dieses Winters sind nicht mehr allzu weit entfernt. Angefangen mit der Tournee zum Jahreswechsel, knapp zwei Wochen später folgt die Skiflug-WM (18. bis 21. Januar) in Oberstdorf. Und dann natürlich die Olympischen Spiele in Pyeongchang, die man nach Lage der Dinge mit fast runderneuertem Team antreten wird. Von den Mannschafts-Olympiasiegern von Sotschi 2014 darf derzeit wohl nur Wellinger mit dem Ticket rechnen. Auf einer Anlage, mit der sich vor allem er selbst bei der Generalprobe im Vorjahr mit den Plätzen zwei und drei schon ganz gut angefreundet hat. Angst vor einem Glücksspiel auf der windanfälligen Anlage hat man im deutschen Team nicht. Auch der Bundestrainer nicht. Aus gutem Grund: „In Pyeongchang hat man das mit Abstand beste Windnetz, das ich je gesehen habe.“

Aber soweit will man im deutschen Team derzeit eigentlich noch gar nicht denken. Aus gutem Grund, gerade Wellinger und Freitag wissen nur zu gut, wie schnell sich die Geschicke im Skispringen wenden können. Auch wenn es bei ihnen in diesem Winter zum Guten war.

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