Kolumne

Oma rockt, Papa joggt, der Bua hockt

von Redaktion

Wird alles gut? Es ist ruhig geworden, zumindest ein wenig ruhiger. Ab und zu hört man zwar noch Warnungen, dass es noch immer nicht ganz so gut bestellt sein soll um die Bewegung und damit die Gesundheit unserer Kinder, aber wurde da nicht schon mal viel lauter geklagt? Sogar der Sportwissenschaftler Bös hat erst vor ein paar Wochen eingeräumt, dass es nicht mehr ganz so steil bergab gehe mit der motorischen Leistungsfähigkeit unserer Kids, man stagniere nun, auf allerdings ziemlich niedrigem Niveau. Immerhin. Ganz so ungehört sind sie also nicht geblieben, die Mahner, die sich manchmal wie Rufer in der Wüste vorgekommen sein müssen.

Zum Beispiel der Professor Zöpfl. 80 ist er geworden am letzten Wochenende, aber ein Kämpfer geblieben. Noch immer geißelt er in seiner unnachahmlichen Art die Auswüchse unserer modernen Gesellschaft, weil er sich als habilitierter Pädagoge halt große Sorgen macht um die nachwachsende Generation. Man kann sich köstlich amüsieren, wenn er über sportelnde Omas und Opas schreibt, fitnessorientierte Mamas und Papas, die das alles aber halt schon ein bisserl arg amateurhaft anpacken. Während der Bua schon profihafter an den Sport rangeht, im aktuellen Bayern-Outfit, den neuesten Hi-Tec-Turnschuhen lümmelt er auf der Couch, trinkt den offiziellen Energy-Drink des Olympiateams, isst den vom DFB anerkannten Schokoriegel und schaut den Sportkanal. Zöpfls bitteres Fazit: Oma und Opa rockt, Mama und Papa joggt, der Bua hockt. Da bleibt manchem dann doch das Lachen im Halse stecken.

Und lässt ihn womöglich hellhöriger werden, wenn es zwischen der täglichen Nachrichtenflut mal eine Meldung der Weltgesundheitsorganisation WHO zu uns schafft, die besagt, dass sich die Zahl der fettleibigen Kinder in den letzten Jahrzehnten verzehnfacht habe.

Für den Professor Zöpfl kein Wunder, er hat mal in einem seiner Bücher eigene kindliche Aktivitäten damals am Froschweiher mit denen der heutigen Jugend in unseren grandiosen Erlebnisbädern verglichen. Selbst hingeradelt ist man noch, ins Wasser gesprungen, geschwommen, man hat gekickt, Fangsterl, Verstecken und Räuber und Schandi gespielt. Und wenn er nun die Kinder im Erlebnisbad sieht, „wia’s am ganzn Tag mit eahnere Walkmen, iPods und Gameboys um den Swimmingpool rumliegn“, dann merke er erst, was seine Generation damals doch für beschränkte Erlebnismöglichkeiten gehabt habe.

Inzwischen sind es natürlich die Smartphones, mit denen man sich so wunderbar die Zeit vertreiben kann, ohne sich dabei groß anstrengen zu müssen. Das ist deswegen gut, weil ja die Schule schon so viel Kraft erfordert. Zwar ließe sich, wie nicht nur der Sportwissenschaftler Bös glaubt, mit Bewegungspausen die Konzentrationsfähigkeit steigern. Doch ist denn dafür noch Zeit, wenn die Kids in der Schule neben all dem anderen Stoff nun auch den Umgang mit digitalen Medien optimieren müssen? Bös hat ausgerechnet, dass sich Kinder nur noch eine einzige Stunde am Tag bewegen, und davon nur 15 bis 30 Minuten intensiver. Zwar sind 79 Prozent der Siebenjährigen im Sportverein, die Zahl aber nimmt noch während der Grundschulzeit rapide ab.

Ein Mittel gegen die wachsende Bewegungsarmut wäre natürlich die tägliche Schulsportstunde, davon aber ist man noch immer meilenweit entfernt, trotz eifrigen Verfechtern wie Bös und Zöpfl, trotz unermüdlichen Kämpfern wie dem Professor Kapustin, dem Doktor Geiger oder Ewald Wutz, dem früheren Sportreferenten im Kultusministerium, der leider im Sommer verstorben ist.

Die lauten Stimmen, die Mahner, werden weniger. Oder ob ihres Alters ein bisschen leiser. Aber auch, wenn es ruhiger wird, das Thema hat an Brisanz nichts verloren. Im Gegenteil. Nur gut, dass Helmut Zöpfl alles mit ziemlich spitzer Feder so amüsant aufgeschrieben hat. Und damit sehr nachdenklich macht.

Zwischentöne

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