Alles unter Kontrolle

von Redaktion

Die Bayern reißen mit Heynckes die Macht wieder an sich – Hasenhüttl: „Ging verdammt schnell“

VON ANDREAS WERNER

München – Die Trommeln wurden mit Begeisterung bearbeitet, und zu dem stupiden Takt, der an Sklavengaleeren erinnerte, sangen die Fans so selig wie lange nicht mehr einen Münchner Gassenhauer. Als sich die Stars des FC Bayern nach dem 2:0 über Leipzig zu einer Siegerparty vor ihren Anhängern aufbauten, erfüllten fünf altvertraute Silben die Allianz Arena, und das in stimmgewaltiger Dauerschleife: „Europapokal!“

Alles wie früher.

Alles wie immer.

Im Bauch der Arena waren die Gesänge zwar nicht mehr zu hören, sie wären aber eine gute Untermalung von Ralph Hasenhüttls Fazit zur Lage in Fußballdeutschland gewesen. Mit dem Sieg hatten die Bayern die Tabellenspitze erobert. Drei Bundesligaspiele brauchte Jupp Heynckes, um aus fünf Punkten Rückstand einen Vorsprung von drei Zählern zu machen. Emporkömmling Leipzig wurden in zwei Wettbewerben die Grenzen aufgezeigt, die Fans widmen sich bereits wieder höheren Zielen in der Champions League – Hasenhüttl schüttelte den Kopf. „Du hast nicht lange gebraucht“, sagte er zu Heynckes. War mal was? Gab es Zweifel an den Münchner Machtansprüchen in diesem Land? Hasenhüttl klang fast nach Kapitulation: „Das ging verdammt schnell.“

Die Bayern haben alles unter Kontrolle, ganz wie zu ihren besten Zeiten. Und dass die Konkurrenz an der Hegemonialmacht einmal mehr verzweifelt, ist eine ebenso vertraute wie rätselhafte Sache. „Wenn man alle Spiele gewinnt und kein Tor kriegt, bedeutet das etwas“, erklärte Robert Lewandowski in der tödlichen Sachlichkeit, mit der er auch seine Tore macht. Er hatte Recht. Aber wie ist es zu erklären, dass Dortmund, am nächsten Samstag Gastgeber der Münchner, zeitgleich mit dem Aufschwung des Titelverteidigers derart aus der Bahn geraten konnte?

Das ist freilich nicht das Bier der Bayern. „Wir schauen nur auf uns“, sagte Sebastian Rudy und bewies damit, dass er das unerschütterliche „Mia san mia“ bereits nach wenigen Wochen im Klub schon gut vor sich herträgt. Es findet sich alles zusammen in Reihen der Münchner, seitdem Heynckes das Kommando hat. Seine Spieler seien sogar sauer gewesen, trug ihm ein Reporter zu. Jerome Boateng und Arjen Robben hatten den Tempoabfall in der zweiten Hälfte moniert. Der Coach schmunzelte. „Das ist doch gut, wenn sie so etwas sagen. Aber ich habe etwas mehr Erfahrung als meine Jungs: Es ging darum, dass wir zu Null spielen und Kräfte sparen. Da kann man schon zufrieden sein.“ Er habe bewusst kein höheres Risiko verordnet, es geht ja bereits am Dienstag bei Celtic Glasgow um eine Vorentscheidung in der Champions League und drei Tage später in Dortmund um die Verteidigung der Spitze. Da muss man sich nicht abarbeiten gegen ein Leipzig, das wieder mal dezimiert agieren musste. Hasenhüttl sah es genauso wie sein Kollege: „Wir hätten zur Pause heimgehen können. Ab da war es nur noch Verwaltungsfußball. Es ging darum, keine Körner zu verbrennen.“

Schonung lautete auch das Schlüsselwort, als sich Lewandowski noch vor der Pause auswechseln ließ. Er habe „so etwas wie einen Krampf“ gespürt, sagte er, „ich denke, es ist nichts Schlimmes“. Das ist tatsächlich die einzige Sorgenfalte auf dem Siegerhaupt – dass der Pole länger pausieren müsste, denn Ersatz gibt es derzeit keinen. Am Samstag wechselten sich Thiago und Arturo Vidal als „falsche 9“ ab und konnten sich nicht gerade als echte Option empfehlen. Kwasi Okyere Wriedt ist die einzige Lewandowski-Alternative. „Ich kenne ihn erst seit zwei Wochen“, sagte Heynckes. Aber vielleicht geht es mit dem 23-jährigen Talent ja auch bald verdammt schnell nach oben. Vielleicht sogar bis in den Europapokal.

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