München – Ganz am Ende formuliert Thomas Schwab einen Satz, der nicht viel Spielraum lässt für Deutungen und Diskussionen darüber, was alles passieren könnte. „Dem Wunsch des IOC sollte man folgen“, empfiehlt er. Als langjähriger Generalsekretär des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD), dessen Vorstandsvorsitzender er mittlerweile auch ist, hat Schwab reichlich Erfahrung auf sportpolitischer Ebene gesammelt. Er weiß, dass ein IOC-Vorstoß ein klarer Auftrag ist. Aber auch eine Chance.
Die Olympier sind an den Rodel-Weltverband FIL mit einem Anliegen herangetreten, bei dem Funktionäre in anderen Sportarten glänzende Augen bekommen würden. Die Schlittensportler wurden aufgefordert, Pläne auszuarbeiten, wie das derzeitige Programm – Männer, Frauen und Doppelsitzer jeweils im Sprint und über die Normaldistanz, dazu ein Teamwettbewerb – erweitert werden könnte: um einen Doppelsitzer der Frauen.
Thomas Schwab hat damals, als er zum ersten Mal davon hörte, nicht lange gebraucht, um sich eine Meinung zu diesem Thema zu bilden: „Ich finde das sehr gut.“ Viele Disziplinen kämpfen um ihren Platz im olympischen Programm, hippe Trendsportarten drängen auf Einlass, ständig entstehen neue Formate, die sich noch besser vermarkten zu können. Wenn den Rennrodlern nun von oberster Stelle die Tür geöffnet wird, um sich auf einer weiteren Bühne zu präsentieren, sollte man tunlichst eintreten.
Aber ganz so einfach ist es dann auch wieder nicht. Die Deutschen sind im Rodeln seit Jahrzehnten die dominierende Nation, sie wären für ein Damen-Doppel gewappnet. Aber selbst der BSD hätte seine Mühe, den komplexen Anforderungen gerecht zu werden. Einen Doppelsitzer zu entwerfen, ist zeitaufwändig. „Der Schorsch Hackl“, sagt Schwab über den deutschen Cheftüftler, „braucht einen ganzen Sommer für einen einzigen Schlitten.“
Das erklärt, warum die Rodelbranche zurückhaltend auf die IOC-Avancen reagiert. „Die Idee wird von vielen totgeredet“, beklagt Schwab, der als Aktiver selbst im Doppelsitzer erfolgreich war (Olympia-Bronze 1988). Geeignete Athletinnen gäbe es genug, doch der Materialaufwand lässt etliche Verbände noch zögern. Der BSD könnte hier die Pionierarbeit übernehmen, bietet Schwab an. Ihm schwebt ein Einheitsschlitten vor, so konstruiert, dass er leichter zu beherrschen wäre als das hochanspruchsvolle Männer-Gerät. Die Frauen, spekuliert Schwab, könnten „eher hintereinander sitzen“ wie im Bob.
Ganz uneigennützig denkt der BSD in dieser Frage natürlich nicht. Von Anfang an mitzureden an entscheidender Stelle, würde auch bedeuten, „die Nase vorn zu haben“, sagt Schwab. Bereits diesen Winter würde er sich erste Tests mit Prototypen wünschen, in einem Jahr sollte dann ein Einheitsmodell zum Einsatz kommen, auf das alle Verbände zurückgreifen könnten. Ein Fixtermin im Rodelkalender sind die Olympischen Jugendspiele 2020 in Lausanne. „Da soll und muss es den Frauen-Doppelsitzer geben“, weiß Schwab. So will es das IOC, und dessen Wunsch wird den Rodler Befehl sein. marc beyer