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Paris, Stadt der Hiebe?

von Redaktion

Paris – Dass beim FC Bayern einiges neu sortiert wird, obwohl die Saison längst läuft, ist auch gestern beim Abflug zum Champions League-Duell nach Paris klar geworden. Während sich die Profis, einige kamen mit Accessoires wie verspiegelten Brillen und helmartigen Kopfhörern Außerirdischen gleich, zu ihrer Maschine begaben, saß Tom Starke schon in einem Parallel-Flieger in die französische Hauptstadt. Er trug lockere Trainingskleidung und wirkte eher wie ein Lehrer mit seiner Klasse. Starke reiste mit der U 19 zur Youth League an die Seine, so war es vor Wochen gebucht worden. Doch die Zeit hat die Tickets überrundet; Starke wird nach Manuel Neuers OP nicht mehr als Torwartkoordinator der Junioren geführt. Für ihn könnte es bei den Profis wieder ernst werden. Sollte sich Sven Ulreich verletzen, könnte die reaktivierte Nummer drei schneller als gedacht wieder in den Blickpunkt rücken.

Das könnte happig werden. Denn dass die meisten Beobachter davon ausgehen, dass das Münchner Tor heute im Fokus steht, war an den Fragen zu erkennen, die sich die Bayern vor dem Abflug anhören mussten. Fast ehrenrührig wirkte es, ist es doch lange her, dass die Bayern als Außenseiter zu einem Spiel reisten. Ob eine Packung drohe? Arjen Robben schüttelte den Kopf: „Von einer Packung gehen wir natürlich nicht aus. Warum sollten wir?“ Leistungssportler sind stets auf den Erfolg fixiert, sie negieren Missstände, zumindest nach außen. Dennoch könnte Paris, die Stadt der Liebe, zur Stadt der Hiebe werden.

Die Bayern haben sich mal wieder verwundbar gezeigt, und wer gegen Wolfsburg Probleme hat, sollte sich gegen Neymar, Kylian Mbappé, Edinson Cavani und Thiago Motta sorgen. Noch dazu, wo Ulreich im Tor nicht die Aura von Neuer hat. David Alaba ist einsatzbereit, Thiago auch, Robben ließ sich nicht anmerken, dass er zum Wochenstart einen Verband am Fuß getragen hat – dennoch scheint man der millionenschweren Elf aus Paris nicht mehr als Selbstvertrauen entgegensetzen zu können.

„Ich kenne unsere Mannschaft. In solchen Spielen ist sie normalerweise konzentriert, hochgradig motiviert, und ich bin überzeugt, dass wir ein gutes Spiel machen werden“, sagte Karl-Heinz Rummenigge, doch selbst der Vorstandschef kam schon mal mia-san-miariger daher. In diesen Tagen sind Zweifel erlaubt, ob die Automatismen der Vergangenheit greifen. Sicherlich funktionierten die Bayern oft mit dem Rücken zur Wand am besten. Aber heuer wirkt alles fragiler. Er gehe davon aus, „dass wir etwas mitnehmen“, sagte Rummenigge. Mit einem Punkt ist er also zufrieden, auch das sagt viel aus über die aktuellen Ansprüche. Normalerweise wird ein Sieg als klare Vorgabe laut ausgesprochen.

Das Plus der Münchner in den Augen von Rummenigge: Die Erfahrung in der Königsklasse. „Da haben wir mehr, das müssen wir ausspielen.“ Paris scheiterte im Vorjahr in der K.o.-Runde spektakulär am FC Barcelona, indem man ein 4:0 im Hinspiel mit einem 1:6 in der zweiten Partie pulverisieren ließ. Allerdings ist das ein anderes St. Germain gewesen, mit Neymar wurde ein erprobter Handlungsreisender durch die Top-Arenen dieser Fußballwelt verpflichtet. Dass es unter Paris’ Platzhirschen zuletzt Stunk gegeben haben soll, wer Elfmeter treten darf, wollte dabei selbst Rummenigge nicht zu hoch hängen. So etwas soll es auch bei Bayern schon gegeben haben, sagte er mit einem Grinsen. Mit Galgenhumor nach Paris – Zeiten, in denen man sich erst neu sortieren muss.

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