München – Als es vorbei war, tiefes Durchatmen, erst nach einer Pause erfolgte die Wir-sind-Tabellenführer-Durchsage. Weil es der Spielplan so vorsah, dass der EHC München seinen Part der siebten Runde eine Woche vor den wesentlichen Konkurrenten absolvieren konnte, setzte er sich an die Spitze der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Aber: So leicht das Team von Trainer Don Jackson in die Partie gekommen war, so schwer wurde es gegen deren Ende. Mit 3:2 (3:0, 0:1, 0:1) fiel der Sieg über die Kölner Haie knapp aus; die Drittelergebnisse erzählen treffend, wie es lief.
Eishockey ist ein Mentalitätsspiel, es kann die Beteiligten in psychische Grenzsituationen führen. Die Frage gestern Abend in München lautete: Kann eine Mannschaft zurückkehren nach einer Phase, wie sie die Kölner Haie in den ersten neun Minuten erlebten?
Sie lagen 0:3 hinten nach knapp einem halben Drittel. Ihre Angriffsbemühungen waren verpufft, und hinten ging alles schief. Bereits nach 26 Sekunden verwandelte Steve Pinizzotto für den EHC einen Abpraller zum 1:0. In Münchner Unterzahl erzielte der Deutschkanadier das 2:0, Kölns Torhüter Gustaf Wesslau, der als Bester auf seiner Position in der ganzen Liga gilt, musste sich verhöhnen lassen (9.). Gut eine halbe Minute später die nächste Vorführung der Kölner Defensive. Riesenlücke in der neutralen Zone, Altstar Christian Ehrhoff, bei der WM noch als bester Verteidiger des Turniers ausgezeichnet, kam Jon Matsumoto nicht hinterher, der fast noch gemütlich Wesslau austricksen konnte.
Den Haien blieben aber noch 51 Minuten, um sich auf die klassischen Tugenden des nordamerikanisch geprägten Sports zu beziehen: „To regroup“ und „to refocus“, sich sammeln und einfach so tun, als ginge es wieder von vorne los. Wesslau ließ sich trotz der Unglücksaktionen und einer weiteren Münchner Großchance (Lattenschuss von Kastner) nicht auswechseln, Blair Jones schritt zu einer Weckruf-Rauferei gegen EHC-Verteidiger Darryl Boyle, die er gewann.
Köln kam besser ins Spiel, und in der 31. Minute funktionierte dann auch mal das Powerplay. Mads Christensen saß gerade 14 Sekunden auf der Strafbank, da traf Ben Hanowski zum 1:3 aus Sicht der Haie. Der Amerikaner erzielte in der 51. Minute auch das 2:3 – begünstigt dadurch, dass EHC-Verteidiger Kettemer sich hinterm eigenen Tor die Scheibe abjagen ließ. Auf einmal war’s wieder spannend, Köln versuchte alles: Auszeit 1:43 Minuten vor Schluss, Herausnehmen des Torwarts, Sechs gegen fünf mit Starparade, der EHC kam kaum noch an die Scheibe. Doch es passierte nichts Entscheidendes mehr und blieb beim 3:2 für die Münchner. Die Kölner gewannen nur in der Torschussstatistik: 42:35.
Noch eine Zahl, die Zuschauerzahl: 3040. Traurig natürlich für ein Spiel zweier Titelanwärter – und erklärbar durch die Umstände Wochentag und Oktoberfest. Durch großzügige Einladungen ersparte sich der EHC die Peinlichkeit einer Unter-3000er-Kulisse. Die Rugby7-Nationalmannschaften von Olympiasieger Fidschi, Bronzemedaillengewinner Südafrika, von Australien und Deutschland, die ab Freitag ein Turnier im Olympiastadion bestreiten waren zu Gast in der Eishalle.