Wenn Gründer scheitern

von Redaktion

90 Teilnehmer bei der ersten Rosenheimer FuckUp-Night in der Stadtbibliothek

Rosenheim – Fehler machen ist menschlich. Davon sind Hans-Christian Blunk, Vitus Zeller, Janett Höllmüller und Christoph Tischner überzeugt. Die vier Unternehmer sprachen bei der ersten Rosenheimer FuckUp-Night in der Stadtbibliothek über ihre Misserfolge und was sie daraus gelernt haben.

Vitus Zeller ist gescheitert. Krachend gescheitert. Der 33-Jährige gründete vor drei Jahren das Start-up „starwings“ – eine digitale Infrastruktur, die Anteile in Organisationen gerechter verteilen und transparent machen will. Seine Vision: Er will ein Unternehmen auf die Beine stellen, in dem es keine Hierarchie gibt, in dem jeder der 13 Mitarbeiter selbst entscheiden kann, wann, wie, wo und wie viel er arbeitet. Die ersten Monate seien vielversprechend gewesen. Zeller erzählt den 90 Zuschauern in der Stadtbibliothek von den Anfängen, in denen sein Team an fünf Produkten gleichzeitig arbeite. Fast könnte man meinen, dass es sich um eine Erfolgsgeschichte handelt. Aber eben nur fast.

Denn bei den FuckUp-Nights geht es nicht um Erfolgsgeschichten. Auch der Abend in der Stadtbibliothek drehte sich um Niederlagen und Tiefschläge. Zwei Stunden lang sprachen vier Unternehmer öffentlich über ihre Misserfolge, ihren persönlichen „Fuckup“ sozusagen. Wie eben Vitus Zeller.

2012 in Mexico City auf die Beine gestellt

Auch sein Unternehmen scheiterte. „Wir haben zu viele Fehler gemacht und konnten keine steuerrechtliche Lösung mit dem Finanzamt finden“, sagt er. Das Start-up „starwings“ gibt es heute nur noch auf dem Papier. Zeller beendet seinen Vortrag, stellt sich den Fragen der Zuschauer. „Was hätten Sie heute anders gemacht?“, kommt es aus einer der hinteren Reihen. Zeller muss nicht lange überlegen. „Ich hätte die Firma wahrscheinlich nicht gegründet.“ Er lacht. Dann fügt er hinzu: „Ich habe zwei Jahre meines Lebens in diese Firma gesteckt.“ Er verlässt die Bühne, es gibt Applaus. Applaus für seinen Mut, darüber zu sprechen, worüber andere lieber schweigen.

2012 fand die erste FuckUp-Night in Mexico City statt. Mittlerweile gibt es die Veranstaltung weltweit, sie findet in mehr als 300 Städten in über 80 Ländern statt. Nun zum ersten Mal in Rosenheim. Das Konzept bleibt überall das Gleiche. Drei oder vier Menschen erzählen zur Abwechslung mal nicht von großen Erfolgsgeschichten, sondern mit Witz und Humor, wie es auch einmal schief laufen kann.

Die Geschichten sollen nicht nur unterhalten, sondern den Zuschauern auch eine Botschaft mit auf den Weg geben. Nämlich die, dass Fehler passieren können. Das weiß auch Dr. Hans-Christian Blunk. Und doch ist seine Geschichte eine andere. Ganz nach dem Motto: „Was macht man, wenn man nicht auf dem Boden liegt, sondern auf dem Gipfel steht und noch gar nicht weiß, dass man gescheitert ist?“

Gemeinsam mit seiner Frau gründete er vor einigen Jahren die Markenagentur „Blunk Brands“. Die Nachfrage war da, die Resonanz sei von Anfang an positiv gewesen und auch nach Kooperationspartnern musste das Paar nicht lange suchen. Die Zeichen standen also gut und trotzdem blieb der Erfolg aus. „Es war eine sehr frustrierende Zeit“, sagt Blunk. Der „fette Konstruktionsfehler“ sei ihm erst später aufgefallen. „Meine Frau wollte nicht Geschäftsführerin der Firma werden“, sagt er und fügt hinzu: „Ich habe einfach übersehen, dass es einer von beiden nicht will.“

Positive Schlüsse, trotz Enttäuschung

Also entschieden sich die beiden dazu die Firma aufzulösen. Die Enttäuschung sei riesig gewesen, auch weil Blunk die Zeit in etwas anderes hätte investieren können. Trotzdem zieht er positive Schlüsse. „Ich hoffe, dass ich mit meiner Geschichte andere davor bewahren kann, denselben Fehler zu machen“, sagt er. Ihn selbst habe sein „Fuckup“ gestärkt. Es ist das Fazit desAbends: Versagen ist menschlich und sollte zelebriert werden.

Mehr Infos:

Die Veranstaltung ist eine Kooperation der Stadtbibliothek mit TechDivision GmbH Kolbermoor. Die nächste „FuckUp-Night“ soll im Herbst 2020 stattfinden, meldet die Stadtbibliothek Rosenheim.

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