Rosenheim – Fahrradfahrer müssen nicht runter vom Sattel, wenn sie einen Zebrastreifen überqueren. Sie haben aber auch keinen Vorrang gegenüber dem fließenden Verkehr, es sei denn, sie steigen ab und werden damit zum Fußgänger. Viele Autofahrer lassen Radler zwar passieren. Doch kommt es immer wieder zu kritischen Situationen und in der Folge zu Streitigkeiten samt wüster Gesten wie „Vogel“ oder „Stinkefinger“. In Rosenheim gilt dies ganz besonders für die Hochfellnstraße.
Straße wirkt
wie Bremsklotz
An dieser Stelle verbindet der Zebrastreifen mit dem Radweg entlang des Mangfallkanals, auf dem sich flott radeln lässt, mit der Hochfellnstraße. Da wirkt die Hochfellnstraße wie ein Bremsklotz, und viele Radler fahren im gleichen Tempo weiter. Autofahrer gewähren Radfahrern, die Augenkontakt aufnehmen und sich in gemächlichem Tempo nähern, meist Vorrang, obwohl sie das nicht müssten. Bei Radlern, die überraschend ins Blickfeld geraten und über den Zebrastreifen flitzen, drücken sie aber auch verärgert auf die Hupe, um ihr Missfallen auszudrücken. Nicht selten sind hässliche Worte und obszöne Gesten die Antwort.
„Es grenzt schon an ein Wunder, dass es auf diesem Zebrastreifen nicht schon zu Unfällen gekommen ist“, schreibt ein Rosenheimer, der vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) wissen wollte, was dieser zu tun gedenke, um die Situation zu klären und zu entschärfen. Mario Stürzl, Vorsitzender des ADFC in Rosenheim, kennt das Dilemma. Tatsächlich würden viele Autofahrer von sich aus auf ihr Vorfahrtsrecht verzichten. „Verkehrsrechtlich müssten das die Autofahrer nicht tun, es ist aber auch nicht verboten, einem Radfahrer die Vorfahrt trotzdem zu gewähren“, sagt Stürzl. Natürlich sei es aber problematisch, wenn Radler es für selbstverständlich hielten, dass die Autos ohnehin halten und sie einfach durchrauschen können.
Ein Schild „Radfahrer absteigen“ anzubringen – davon hält Stürzl nichts. Genauso wenig wie Jürgen Stintzing, der Verkehrsplaner der Stadt. „Die meisten Radfahrer werden es ignorieren. Gleichzeitig setzt es die Radler ins Unrecht, die vorsichtig, unter Beachtung der Vorfahrt des Kfz-Verkehrs, den Zebrastreifen nutzen. „Die Situation wird dadurch nicht verbessert“, sagt Stintzing.
Stürzl seinerseits verweist auf die grundsätzliche Zielrichtung des ADFC: Radfahrer sollen sich komfortabel und sicher im Straßenverkehr bewegen können, mit möglichst wenigen Einschränkungen. Er schlägt deshalb eine Radlerfurt parallel zum Zebrastreifen vor und den Vorrang für Fahrradfahrer durch eine entsprechende Beschilderung.
Aufmerksamkeit
und Toleranz
Ganz „normale“ Fahrradfurten, also solche ohne Vorrang für Radfahrer, sind in Rosenheim etliche zu finden. Aber auch solche, an denen die Autofahrer anhalten müssen, etwa an den Rechtsabbiegern ohne Ampel an der Panorama-Kreuzung. Schilder machen dort auf die Vorfahrt der Radler aufmerksam. Eine solche Lösung hält der städtische Verkehrsplaner für die Problematik an der Hochfellnstraße aber für nicht sinnvoll: „Wenn auf dem Radweg mehr Radler unterwegs wären als Fahrzeuge auf der Hochfellnstraße, könnte man darüber nachdenken. Das ist aber nicht der Fall.“
Gefragt sind also weiterhin Aufmerksamkeit und Toleranz. Die Umlaufsperren sind derzeit abmontiert. Sie sollen Radfahrer normalerweise daran erinnern, vor dem Zebrastreifen abzubremsen. Während der Rosenheimer in seinem Schreiben an den ADFC beklagt hatte, diese Sperren würden keinerlei Wirkung zeigen und würden einfach nur umfahren, ärgert sich Mario Stürzl darüber, wie sie angebracht sind. Mit Kinderanhänger oder Dreirad sei kein Durchkommen.
Zumindest jetzt, während der Wintermonate, fällt dieses Hindernis weg, denn auch der Räumdienst käme sonst nicht durch. Im Frühjahr werden die Sperren wieder montiert.