Am Ende nur Schulden

von Redaktion

Hoffnung auf Gewinn: Tischler steckt Hundertausende Euro in dubiose Geschäfte

Rosenheim – Knapp zwei Jahre lang jagte ein 54-jähriger Tiroler einer falschen Hoffnung nach. Am Ende kostete ihn diese Hoffnung auf einen großen finanziellen Gewinn mehr als 350000 Euro. Er war auf Abzocker hereingefallen. Jetzt landete der Fall vor Gericht.

Der Tiroler Tischler besaß einen kleinen Helikopter, gerade groß genug für eine Person. Weil er ihn verkaufen wollte, inserierte er. Ein angeblicher Diplomat aus Brüssel meldete sich, wollte das Fluggerät kaufen und versprach, mit dem Geld nach Tirol zu kommen.

Diplomat will Geld
persönlich bringen

Am Tag des ausgemachten Treffens, im Juni 2016, bekam der Tiroler einen Anruf des „Diplomaten“: Er sei an der Grenze kontrolliert worden. Dabei habe man die 6,8 Millionen Euro gefunden, die er mitgeführt habe. Weil bei den Zieladressaten für das Geld wegen des Helikopterverkaufs auch sein Name stünde, würde nun auch gegen ihn wegen illegaler Geldwäsche ermittelt. Gegen eine Zahlung von 21000 Euro würde das Geld wieder freigegeben. Wenn er dieses Geld bezahle, bekäme er von dem Gesamtbetrag zehn Prozent. Der Tiroler dachte kurz nach, kam auf einen Gewinn von 659000 Euro – und zahlte. Und er zahlte immer wieder.

Der Diplomat aus Brüssel hatte ihm klar gemacht, dass diese Zahlungen, der Behörden wegen, nicht auf offiziellem Wege getätigt werden dürften. Er vereinbarte mit ihm, dass ein vertrauenswürdiger Schwarzafrikaner nach Rosenheim käme, dem der Tiroler die genannte Summe in einem – mit Klebeband verschnürten – Päckchen übergeben solle.

Dem kam der Tiroler nach, musste aber hören, dass weiteres Geld nötig sei, um die Summe an ihn auszuschütten. Aus dem Geld wurde dann eine Investition in eine „iranische Erbschaft“, in ein „großartiges Ölgeschäft“ – und der Geprellte zahlte immer wieder. Insgesamt 22-mal, per Päckchen an denselben Schwarzafrikaner, dem er im Bahnhof Rosenheim die Summen aushändigte. Er verschuldete sich, bis im Mai 2018 der belgische „Diplomat“ erneut 35000 Euro von ihm forderte, wobei er parallel ein Dokument der iranischen Botschaft in Brüssel mailte, das die Notwendigkeit einer solchen Zahlung belegen sollte. Doch da war Schluss.

Denn nun endlich wendete sich der Tischler an diese Botschaft in Brüssel, erfuhr, dass er Betrügern aufgesessen war und ging zur Polizei. Die Tiroler Polizei holte sich die Amtshilfe der bayerischen Kollegen. Und die nahmen den afrikanischen Geldboten bei einer fiktiven Geldübergabe fest.

Nun saß der 32-jährige Betrüger vor dem Schöffengericht Rosenheim. Den Vorsitz führte Richter Stefan Tillmann. Die Staatsanwaltschaft warf dem 32-Jährigen vor, in 22 Fällen tatmehrheitlichen Betrug in besonders schweren Fällen verübt zu haben. Leugnen war zwecklos.

Wie der Angeklagte aussagte, habe ihm ein nur als „John“ bekannter Hintermann erklärt, dass es sich um die Investition eines Österreichers in eine neu zu gründende Firma in Belgien handle – und ihn mit dem Versprechen auf einen Job sozusagen selbst betrogen. Daher habe er – guten Glaubens – das Geld von Rosenheim zum Düsseldorfer Flugplatz gebracht und immer getreulich abgeliefert. Sein Gewinn sei dabei minimal gewesen. Aber er habe eben auf den Job gehofft.

Die Treffen des Tirolers mit dem Geldboten waren jeweils per SMS arrangiert worden. Ein polizeilicher Sachbearbeiter berichtete als Zeuge, dass die E-Mails, die das Tatopfer empfangen hatte, alle aus Nigeria gesendet wurden. Ein genutztes Postbank-Konto war mit falschen Personaldaten angelegt worden.

Der Staatsanwalt beantragte in seinem Schlussvortrag, den Angeklagten zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten zu verurteilen.

Haftstrafe
oder Freispruch

Verteidiger Jörg Hufer stellte seinen Mandanten als unwissenden und absichtslosen Kurier dar, der selbst keinerlei Betrugsabsicht gehabt habe. Er beantragte Freispruch, wahlweise eine Strafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne.

Das Gericht verurteilte den Geldboten wegen Beihilfe zum Betrug in besonders schweren Fällen zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Dem Angeklagten, so argumentierte das Gericht, musste klar gewesen sein, dass es sich um illegale Machenschaften handelte. Seine eigene Selbstdarstellung mit Falschnamen und falschen Informationen belege unzweifelhaft die Mittäterschaft des Angeklagten.

Der Tiroler sitzt nun auf einem Berg Schulden.

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