von Redaktion

Bürgerversammlung Oberbürgermeisterin wendet sich gegen Trasse im Süden

Panger Felder sollen bleiben

Rosenheim/Pang – „Eine Grobtrasse, die derart viele Konflikte erzeugt, ist für uns kaum vorstellbar“, fand Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer klare Worte in Bezug auf eine Variante des Brenner-Nordzulaufs, die mitten durch das südliche Stadtgebiet führt. Bei der Bürgerversammlung für Aising, Pang, Westerndorf und die umliegenden Stadtteile im Sportheim nahm das Thema erwartungsgemäß den meisten Raum ein.

Gründe für ihre Überzeugung hatte die Stadtchefin mehrere parat: Bei dieser Variante würden neben den landwirtschaftlich ertragreichsten Flächen in Rosenheim zudem gravierend viel Siedlungsraum, die schützenswerten Kaltengebiete sowie die barocke Rundkirche von Westerndorf am Wasen tangiert. Zudem sei es technisch unter Umständen schwierig, Mangfall und Aicherpark mittels eines Brückenbauwerks zu queren.

Stellungnahme zum Thema Lärm

Nichtsdestotrotz bleibe die Stadt weiterhin im Dialogverfahren tätig. „Ich bedauere, dass die Mehrheit aus dem Verfahren ausgestiegen ist“, sagte sie mit Blick auf Kommunen östlich des Inns. Der Tunnel sei nun mal im Bau. Davon habe sie sich selbst ein Bild gemacht auf dem Weg nach Italien. „Südtirol bringt das auf den Weg, Tirol sowieso“, sagte sie. Eine Broschüre mit punktuellen Informationen, wie von einem Bürger nach dem Vorbild einiger Landgemeinden gefordert, werde es dennoch nicht geben. Dafür ändere sich die Planungslage zu schnell und die Kommunen hätten mitunter unterschiedliche Auffassungen. Zudem seien schon heute alle Informationen im Internet jederzeit zugänglich.

Eine klare Stellungnahme gab es zum Thema Lärm. Bereits heute sei die Belastung vieler Stadtteile durch Güterzüge so hoch, dass die Flächen nicht mehr als reines Wohngebiet, sondern mitunter als Gewerbegebiet eingestuft würden. Noch mehr Güterzüge künftig über die Stadt abzuwickeln, kommt für die Oberbürgermeisterin deshalb nicht in Frage. Man müsse stattdessen hochdifferenziert darüber diskutieren, wo neue Strecken verlaufen könnten, sollte der Bedarf dafür gegeben sein.

Aufgeräumt wurde mit einem weitverbreiteten Missverständnis. Rosenheim als Oberzentrum wolle langfristig weder vom Personenfernverkehr, noch vom Nahverkehr abgehängt werden. „Unsere Möglichkeiten im Nahverkehr dürfen nicht gestört werden, wir leben davon“, so die Stadtchefin mit Verweis auf den 30-Minuten-Takt nach München, Salzburg und Kufstein sowie allein 20000 Fahrgäste täglich am Rosenheimer Bahnhof. Dies bedeute nicht, dass man eine neue Trasse für den Güterverkehr durch die Stadt oder an der Stadt vorbei bauen müsse. Denn der Güterverkehr solle grundsätzlich andere, günstigere Strecken auf seinem Weg zwischen Norddeutschland und Mittelmeer befahren. Beispiel: Von Landshut über Mühldorf, Freilassing und Salzburg nach Süden. „Wir wollen die 400 Züge gar nicht im Großraum Rosenheim haben“, so Rechtsdezernent Herbert Hoch, der versuchte, die Diskussion und den Planungsprozess in die richtigen Ebenen einzuordnen. Baudezernent Helmut Cybulska ging dabei auf die technischen Belange ein.

„Ich versuche mein Bestes, glauben Sie mir“, antwortete die Oberbürgermeisterin auf den Vorwurf eines Landwirts aus Hohenofen, Rosenheim habe sich bisher in der Diskussion noch nicht deutlich genug artikuliert. Bauer habe sogar die – in der Versammlung namentlich bei Wortmeldungen kritisierte – Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig im Vorfeld aufgefordert, die Planungen möglichst abzuwenden.

Deutlich schob die Oberbürgermeisterin einer drohenden Diskussion einen Riegel vor, als angesichts des Landtagswahlkampfs plötzlich parteipolitische Auseinandersetzungen im Raum standen. „Ich mache aus einer Bürgerversammlung keine Parteiveranstaltung.“ Der Bundesverkehrswegeplan als Grundlage für die Planungen werde schließlich vom Bundestag beschlossen und nicht nur von der CSU, hebelte Rechtsdezernent Hoch einen entsprechenden Vorwurf aus. „Wir alle wollen mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern, wir sitzen sozusagen im selben Boot“, so Bauer, die zugleich zu bedenken gab, dass der kleinräumige Lkw-Verkehr durch den Brennerbasistunnel wohl nicht sinken werde.

Positiv nahm sie zur Kenntnis, dass einige Anwesende um Alexandra Linordner ankündigten, sich zum Jahresende hin auch in Rosenheim in einer Bürgerinitiative engagieren zu wollen. Ein Überblick über die wichtigsten Stationen des weiteren Prozesses (Bewertung der Grobtrassen ab Januar 2019, Auswahl ab 2020) rundete die Diskussion ebenso ab wie die allgegenwärtige Frage nach dem eigentlichen Bedarf der Neubaustrecke aufgrund zusätzlicher Züge. Der angekündigte Szenarienkatalog werde diese Fragen beantworten. Die Forderung nach „Tiroler Tunnelstandard“ bekräftigte Josef Steingraber vom Rosenheimer Bauernverband einmal mehr, indem er forderte, mehr Geld zum Schutz von Bürger und Landwirtschaft auszugeben.

„Die Stadt wird sich rüsten, und weitere Bürgerbeteiligungen dürfen“, gab Bauer einen Ausblick auf die kommende Zeit und kündigte sogleich eine weitere öffentliche Veranstaltung in Langenpfunzen an. Zudem werde sich Rosenheim anwaltlich schützen. Trotz der Brisanz des Themas verlief die letzte der diesjährigen Bürgerversammlungen, die von rund 60 Bürgern und knapp zehn Stadträten besucht war, sehr sachlich. aez

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