Neubau der VR-Bank: Zara zieht nicht ein – Unter der Hochhausgrenze
Fledermäuse statt Trendklamotten
Rosenheim – „Schwierige Tiere, diese Fledermäuse“, seufzen Dr. Mario Voit und Dr. Walter Müller. Als Vorstandsmitglieder sind sie mit der Steuerung des größten Bauvorhabens in der Geschichte der Volks- und Raiffeisenbank Rosenheim Chiemsee betraut. Dass die kleinen Säugetiere zu den Bewohnern der vor dem Abriss stehenden Hauptgeschäftsstelle gehören, hatten sie nicht gewusst. Erst der Umweltbericht zum Neubauvorhaben hat die nachtaktiven „Flughunde“ ans Tageslicht gebracht – und dem Zeitplan für das Bauvorhaben einen neuen Stempel aufgedrückt. Denn während der Nistzeit darf das Gebäude nicht abgerissen werden.
Die Fledermäuse haben sogar den Planern im Architekturbüro Schleburg eine Extra-Aufgabe beschert: In der Fassade des Neubaus müssen die Tiere wieder angesiedelt werde – durch bauliche Maßnahmen, die zum Nisten animieren.
Doch noch müssen sie nicht ausziehen, die fliegenden Bewohner, wohl aber die menschlichen. Anfang 2019 wird die Geschäftsstelle der VR-Bank in die nur wenige Meter entfernt liegenden Posthöfe wechseln. Auch die Mieter der Genossenschaftsbank werden ausziehen. „Im ersten Quartal 2019 soll unsere Immobilie frei sein“, so Voit und Müller zum Zeitplan.
Derzeit befinde sich der Bebauungsplanentwurf für das Areal in der Vorbereitung für die zweite Auslegung. Parallel werde der Antrag für die Baugenehmigung vorbereitet. Trotz der Fledermaus-Überraschung „streben wir nach wie vor die Fertigstellung Ende 2022 an“, sagen die Vorstandsmitglieder.
Die Fledermäuse werden in den Neubau einziehen, die Modekette Zara jedoch nicht. Deren Ansiedlung in Rosenheim, als Einzelhandelsstandort auf dem Weg zur Modestadt, wünschen sich zwar viele. Doch Voit und Müller teilen mit: „Zara am Standort Bahnhofstraße wird es nicht geben.“ Schade, finden die Vorstände, denn die Bahnhofstraße biete sich als Entree zur Stadt für prominente Ankermieter an. Über 10000 Passanten sind hier tagtäglich unterwegs. Die Stadt hat sich außerdem vorgenommen, im Rahmen der Aufwertung des Bahnhofsgeländes auch die Bahnhofstraße attraktiver zu machen. Sie hat laut des aktuellen Einzelhandelsgutachtens des Beratungsunternehmens Cima viel Potenzial Richtung 1A-Lage.
Doch der Einzelhandel sei, wenn es um eine großflächige Anmietung mit längerer Bindung gehe, „derzeit generell eher reserviert“, berichten die Vorstände. Deshalb wird der Neubau für überschaubare Ladeneinheiten geplant. Zur Vermarktung hat die VR-Bank einen Fachmakler für Einzelhandelsimmobilien beauftragt.
Ein Mieter steht schon fest: „Das sind wir selber“, sagt Voit. Die Posthöfe seien nur eine Übergangsstation, danach gehe es zurück an den Traditionsstandort in Rosenheim. Hier wird im Erdgeschoss wieder die Hauptgeschäftsstelle der Bank eröffnet. Im ersten und zweiten Obergeschoss sind Büros und Praxen geplant, im dritten, vierten und fünften Wohnungen.
An der Architektur hat sich seit der ersten Vorstellung im Stadtrat nicht viel geändert: Es bleibt bei einem Gebäude, dass ab der dritten Etage terrassenförmig zurückspringt – mit einer wellenförmigen Fassade. Der Neubau wird mit etwa 22 Metern niedriger als das Altgebäude (26 Meter hoch) und von acht auf sechs Stockwerke reduziert. So bleibt das Gebäude unter der Hochhausgrenze. Das neue Geschäfts- und Wohnhaus soll dafür mehr in die Breite gehen. Dieser Gestaltungsentwurf war im Baugenehmigungsausschuss des Stadtrates mehrheitlich auf Begeisterung gestoßen. Ein Vorschlag der Grünen, einen unabhängigen Gestaltungsbeirat zur Begleitung heranzuziehen, war abgelehnt worden.
Nicht nur aufgrund der großstädtisch anmutenden Architektur ist das Vorhaben eine Herausforderung, die das 2014 erstellte Dienstleistungszentrum der VR-Bank in Bad Aibling toppt: Letzteres entstand schließlich auf der grünen Wiese. In Rosenheim baut die VR-Bank mitten im Zentrum – Abriss und Neubau an einer viel befahrenen und stark von Radlern und Fußgänger frequentierten Straße.
Und dann wäre da noch der berühmt-berüchtigte Rosenheimer Seeton, der schon so manches Bauvorhaben in der Stadt vorübergehend ins Wanken gebracht hat – Beispiel Aicherparkbrücke oder Ärztezentrum Medical Cube. Zur Bewältigung des instabilen Untergrunds hat das Bankhaus die Technische Universität München als Fachgutachter mit ins Boot geholt. Der Seeton erfordert schon beim Abriss Extra-Maßnahmen, berichten die Vorstandsmitglieder Voit und Müller. Denn wenn oben die ersten Stockwerke abgetragen werden, muss unten Gewicht ergänzt werden, will das restliche Gebäude nicht aus dem Gleichgewicht geraten. Zwei bis drei Monate dauert allein die Entkernung im Innern, die Entsorgung und Trennung der Baustoffe, bevor die Abrissbirne zur Tat schreiten kann.