von Redaktion

Der historische Stadtkalender „Bilder aus Alt-Rosenheim“ setzt jeden Monat eine historische Aufnahme in einen geschichtlichen Zusammenhang und gehört damit seit Jahren zu den beliebtesten Veröffentlichungen zur Stadtgeschichte von Rosenheim. Das Oktober-Blatt des Kalenders 2018 zeigt das Café Waldeck in der Aisingerwies um 1915.

Das Café Waldeck in der Aisingerwies

Rosenheim – „Gebe der verehrl. Einwohnerschaft von Rosenheim und Umgebung hiemit bekannt, daß ich in meinem Anwesen Aisingerwies Nr. 85 nächst der Aktien-Kunstmühle ein Café errichtet habe“. Stolz warb der Gastwirt Julius Seiffert im März 1913 mit einer Annonce im „Rosenheimer Anzeiger“ für den Besuch seines neu eröffneten Cafés am südlichen Stadtrand. Seiffert stammte aus Elkofen bei Grafing, war Metzgermeister und hatte 1907 zusammen mit seiner Ehefrau Maria das Gasthaus „Pruttinger Hof“ in der Innstraße in Rosenheim übernommen. Spätestens 1912 erwarb er in der Aisingerwies ein Grundstück, um hier ein Café zu eröffnen. Das Grundstück lag zwar im Gemeindegebiet von Aising, war aber nur eine knappe Viertelstunde Fußweg vom Rosenheimer Bahnhof entfernt. Mit dem neuen Lokal, das Julius Seiffert „Café Waldeck“ nannte, wollte er gleichermaßen die Stadt- wie die Landbevölkerung ansprechen. Im „Rosenheimer Anzeiger“ warb Seiffert mit der natürlichen Qualität der angebotenen Speisen und Getränke. So pries er „aus reinem Butterschmalz selbstgebackene Krapfen“, „garantiert reinen Schleuderhonig aus eigener Imkerei“ sowie „morgens 7 Uhr und abends 5 Uhr kuhwarme Milch von tuberkelbazillusfreien Kühen“. Besondere Spezialitäten an den Sonntagen waren gefüllte Ochsengurgeln und Fruchteis. Das Kalenderbild entstand um 1915. Vor dem Café Waldeck ist der Pferdewagen des Rosenheimer Mineralwasser-Fabrikanten Andreas Leonhard zu erkennen.

Schon 1918, fünf Jahre nach der Eröffnung des Cafés Waldeck, entschlossen sich Julius und Maria Seiffert, in den Rosenheimer Stadtkern zurückzukehren, um in der Münchener Straße den Gasthof „Zur Eisenbahn“ zu übernehmen. Als neuer Besitzer des Cafés in der Aisingerwies ist 1921 Franz Baumgartner belegt.

In den 1920-Jahren setzte in der Aisingerwies eine verstärkte Bautätigkeit ein. Das Café Waldeck wurde zum räumlichen und gesellschaftlichen Mittelpunkt der neuen Siedlung. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden in der Aisingerwies aufgrund der Stadtnähe neue Wohnhäuser und Gewerbebetriebe. Die Eingemeindung der Siedlung zusammen mit der Gemeinde Aising erfolgte schließlich 1978. Aus dem Café Waldeck wurde im Laufe der Jahre das Gasthaus Waldeck, das um 2010 geschlossen wurde. 2010 eröffnete in den Räumen eine Bäckereifiliale mit einem Cafébetrieb.

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