Strukturwandel in der Landwirtschaft

„Wachstumsgrenzen erreicht“

von Redaktion

Immer weniger Betriebe bewirtschaften immer mehr Fläche: Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat auch Stadt und Landkreis Rosenheim erreicht. In den vergangenen zehn Jahren ist die Anzahl der Höfe um acht Prozent zurückgegangen, die durchschnittliche Betriebsgröße jedoch gestiegen: ebenfalls um acht Prozent.

Rosenheim – „Im voralpinen Raum spielt die Musik“, stellt der Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Wolfgang Hampel, zur hier festzustellenden Konzentration der Milchviehhaltung fest. Sie hat sich bundesweit auf die Grünlandregionen zurückgezogen, in denen es besonders gute Ertragsbedingungen gibt. Beispielsweise in Stadt und Landkreis Rosenheim: Das relativ milde Klima und die hohen Niederschläge tragen dazu bei, dass die Vegetationsperiode länger ist und die natürlichen Bedingungen für Grünland, Kleegras und Silomais überdurchschnittlich gut sind, so Hampel.

Deshalb konzentriert sich im Landkreis die Bewirtschaftungsform auf die Milchviehhaltung, während der Schweinebestand in den vergangenen 20 Jahren um ein Drittel auf 7500 Tiere in 106 Betrieben zurückgegangen ist und auch die Schafhalter weniger Tiere besitzen (1999 waren es noch 9244, 2016 nur noch 7114 Schafe).

Die Zahl der Rinder ist jedoch ebenfalls zurückgegangen – um sechs Prozent von 1999 bis 2016 auf 140969 Tiere. 1999 gab es im Bereich des Landwirtschaftsamtes Rosenheim noch 2664 Milchviehhalter, 2016 waren es nur noch 1677 – ein Rückgang von sogar 37 Prozent. Die Anzahl der Rinder in den Ställen hat dagegen nur um sechs Prozent abgenommen – auf 140969.

Die Konzentration auf das Milchvieh zeigt sich nach Informationen von Hampel an der Tatsache, dass sich die Zahl der Milchkühe gehalten hat: Etwa 64500 waren es 1999 und sind es noch heute. Der einzelne Landwirt hält jedoch mehr Milchkühe: 1999 waren es 24, 2016 sind es 38 – ein Plus von 20 Prozent. Die Milcherzeugung im Landkreis stieg dementsprechend auf 421000 Tonnen pro Jahr, bayernweit dagegen nur um 4,3 Prozent. „Unsere Betriebe sind sehr aktiv“, zieht Hampel auch angesichts vieler Laufstallbauten Bilanz.

Der Landkreis hat sich in den vergangenen zehn Jahren also trotz des auch hier zu spürenden langsamen, aber stetigen Höfesterbens und nach wie vor kleiner bäuerlicher Strukturen (nur 20 Betriebe haben mehr als 100 Kühe) als Milchviehregion positioniert. Diese Entwicklung geschieht vor dem Hintergrund schwieriger Rahmenbedingungen nach Abschaffung der Milchquote. In der EU gibt es nach wie vor eine Überproduktion von 14 Prozent. Der Milchpreis liegt bei etwa 36 bis 37 Cent, die Milch-Erzeugungskosten sind jedoch ein paar Cent höher.

Außerdem ist ein harter Kampf um die Fläche entbrannt, bedauert Hampel. Die Pachtpreise klettern in die Höhe. „Sogar Landwirte aus Österreich pachten und kaufen mittlerweile landwirtschaftlichen Grund in der Region Rosenheim“, stellt der Behördenleiter fest.

Biogasbetriebe treten als zusätzliche Konkurrenten am Markt auf. Der Aufwuchs von sieben Prozent der Fläche gehe derzeit unmittelbar in die derzeit 100 Biogasanlagen im Landkreis, erläutert Hampel. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre sind außerdem 1,1 Prozent der landwirtschaftlichen Grundstücke im Landkreis verloren gegangen, berichtet Hampel zum Thema Flächenfraß.

Auch mit den Restriktionen der neuen Düngeverordnung haben die Bauern nach Angaben des Rosenheimer Behördenleiters zu kämpfen. „Die Grenzen des Wachstums sind erreicht“, ist er angesichts dieser schwierigen Umstände überzeugt. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe – im Landkreis zählen nach wie vor 50 Prozent zu den Vollerwerblern – wird vermutlich weiter langsam, aber stetig abnehmen. In den vergangenen Jahren hat jeweils ein Prozent der Höfe pro Jahr aufgegeben. Gründe seien nicht nur die schwankenden Erzeugerpreise, die steigende Bürokratie sowie hohe Betriebskosten, sondern auch die gute Wirtschaftslage in der Region. Der Arbeitsmarkt bietet viele gute und sichere Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft. So mancher Betriebe habe auch deshalb keinen Hofnachfolger.

Trotzdem lernen in der Region noch viele junge Leute Betrieb und Management eines Hofes. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre haben jeweils 40 Azubis das Berufsgrundschuljahr absolviert, freut sich Hampel. Derzeit seien es sogar 63 – ein Mut verbreitender Spitzenwert. „Rosenheim ist im Bereich der landwirtschaftlichen Berufsausbildung in Bayern führend.“ Das Know-how ist also da, damit es weitergehen kann.

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