Rosenheim – Dienstag, 19.30 Uhr in der Sporthalle des Karolinen-Gymnasiums: Es ist Zeit für mein erstes Baseballtraining. Neun Sportlerinnen begrüßen mich. Alle tragen schwarze T-Shirts mit dem Namen ihres Vereins: 89ers Rosenheim, kurze, schwarze Hosen und schwarze hohe Socken. Mein Outfit sieht weniger professionell aus.
„Baseball ist ein Teamsport“, erklärt mir Trainer Florian Reichenbach vorab. Der 29-Jährige betreut seit zwei Jahren die Damenmannschaft und ist selbst seit zehn Jahren aktiver Spieler in der Herrenmannschaft. Unterstützt wird Reichenbach von Sandra Wendt, die auf eine erfolgreiche professionelle Baseball-Karriere unter anderem in der Ersten Bundesliga in Köln zurückblicken kann.
Während sich die Mannschaft aufwärmt, schaue ich mir das Ganze vorerst von der Seitenlinie an. Ich bin skeptisch. Als die Mädchen vom Rundenlaufen zum Koordinationstrainding wechseln, gebe ich mir einen Ruck und steige mit ein. Schnelle Fußarbeit ist beim Baseball besonders wichtig, wie mir Reichenbach erklärt.
Nach dem Stretching folgt eine Trinkpause, die ich dringend brauche. Während ich langsam wieder zu Atem komme, reicht mir der Trainer einen Handschuh. Etwas irritiert schaue ich das braune unförmige Etwas an, und bezweifle, dass es über meine Hand passt – falsch gedacht: Der Handschuh sitzt wie angegossen und ich fühle mich mit der Sportart schon ein wenig mehr verbunden.
„Baseball ist
ein Teamsport“
Florian Reichenbach
Die 15-jährige Julia ist meine Übungspartnerin und wir werfen uns den Baseball zu. Reichenbach erklärt mir kurz die verschiedenen Bälle: „In der Halle benutzen wir einen weichen Ball, damit wir die Fenster nicht kaputt werfen“ – einleuchtend, auch wenn ich den „weichen“ Ball als durchaus hart empfinde. „Es kann nichts passieren“, ermutigt mich meine Partnerin und wirft mir den Baseball zu. Ich fange ihn mit meinem Handschuh und werfe den Ball zurück. Auch wenn ich am Fangen und Zielen durchaus noch Luft nach oben habe, macht mir die Übung Spaß.
„Beim nächsten Drill darfst du aussetzen“, erlaubt mir Reichenbach. Erfreut über die Pause nutze ich die Zeit, um mich mit der ehemaligen Bundesligaspielerin zu unterhalten. Kurz versucht sie mir, die Regeln zu erklären: „Bei einem Baseball-Spiel treten zwei Mannschaften mit je neun Spielern gegeneinander an. Es gibt ein Angriffsteam und ein Verteidigungsteam“. Soweit einleuchtend wie ich finde. „Punkte werden erzielt, wenn ein Spieler das Spielfeld umrundet hat“, fährt Wendt fort, „wie eben beim Brennball“. Das Verteidigungsteam versucht, genau dieses Vorhaben zu verhindern.
Für das Erste reicht mir das an Informationen und ich will zurück auf das Spielfeld. Reichenbach drückt mir einen hölzernen Schläger in die Hand. Der Schlagmann (Batter) – also ich – muss probieren den Ball ins Feld zu schlagen, den er vom Pitcher zugeworfen bekommt. Reichenbach beginnt mir die Bälle zuzuwerfen. Ich hole mit dem Schläger, fixiere genau den Ball und schlage zu – vorbei. „Probier es noch mal“, feuert er mich an. Gesagt, getan. Ich atme durch, hole aus und verfehle den Ball erneut. Ich bin kurz davor den Schläger in die Ecke zu werfen und mich zurück auf die Bank zu setzen. „Neuer Versuch“, sagt der 29-Jährige und wirft mir den Ball noch einmal zu. Diesmal ist das Glück auf meiner Seite und ich treffe. „Noch mal“, freue ich mich. Geduldig wirft mir Reichenbach nach und nach weitere Bälle zu. Nach dem ich das gelbe Runde viermal hintereinander getroffen habe, höre ich auf: Ich will mein Glück nicht herausfordern.
„Jetzt geht es zum Wurftraining“, freut sich Wendt – dem Pitchen, wie die Basballer sagen. Der Pitcher steht in der Mitte des Feldes und wirft dem Fänger einen Ball zu. Nach dem meine Berufung nicht im Bereich des Schlagmanns lag, hoffe ich hier auf mehr Erfolge. Geduldig erklärt mir Sandra Wendt jeden einzelnen Schritt. Erst knieend, dann stehend probiere ich ihre Anweisungen umzusetzen.
Die Randsportart
der Randsportarten
„Du bist ein Naturtalent“, strahlt sie. Ich weiß nicht, ob sie mich nur aufmuntern will oder es ernst meint, aber ich nehme das Kompliment gerne entgegen. Nach 30 Minuten als Pitcher schmerzt meine Schulter und ich bin erschöpft. „Und jetzt noch Konditionstraining“, sagt Reichenbach und mein Herz rutscht mir in die Hose: „Kleiner Scherz“, lacht er.
„Baseball ist die Randsportart der Randsportarten. Ich möchte es gern bekannter machen, weil es einfach ein toller Sport ist“, erklärt mir Reichenbach. Dem kann ich, nach zweistündigen Probetraining nur zustimmen.