Beziehungsweise

Das Kaffeemaschinen-Projekt

von Redaktion

Die neue Kaffeemaschine hat eine Anzeige, die ich von der alten gar nicht kenne: Ein rotes Licht macht darauf aufmerksam, dass man das Gerät entkalken muss. Irgendwann ist das teure Entkalkungsmittel zwar aufgebraucht, aber das macht offenbar nichts, denn obwohl es rot blinkt, kocht die Maschine weiter Kaffee. Bis eines Morgens meine Frau mir sagt, das Gerät sei kaputt. Am Netzteil kann es nicht liegen: Das rote Licht blinkt noch. „Ich schau es mir am Wochenende an“, sage ich und hole die Drück-Kaffeekanne aus dem Schrank. Am Wochenende ist das Wetter zu schön, wir sind unterwegs. Am Wochenende darauf ist das Wetter zu schlecht, wir bekommen Besuch – wieder keine Zeit. Meine Frau will eine neue Maschine kaufen. Ich reagiere mit Unverständnis: „Ich hab doch gesagt, dass ich es mir anschaue. Viel kann ja nicht fehlen.“ Meine Frau sagt nichts. Endlich Wochenende: Nach dem Frühstück räume ich den Küchentisch leer und platziere die Kaffeemaschine. Sie hat sehr kleine Schrauben. Ich werde die Feinmechaniker-Schraubenzieher brauchen. Ich suche im Werkzeugkasten: nichts. Ich suche im Küchenschrank: nichts. Ich suche im Schreibtisch: nichts. Dunkel erinnere ich mich daran, die Schraubenzieher zuletzt im Büro verwendet zu haben. Gleich am Montag werde ich dort nachschauen. Ich räume die Kaffeemaschine wieder weg. Meine Frau murmelt etwas von „Männern“ und „Projekt“. Wirklich keine Ahnung, was sie damit meint. Doch auch im Büro bleibt die Suche vergeblich: Nichts im Schreibtisch, nichts in der Stiftebox, nichts im Regal. Die Schraubenzieher sind verschwunden. Jeden Morgen schaut mich die Kaffeemaschine vorwurfsvoll an. Meine Frau auch. Aber zumindest schlägt sie nicht wieder vor, eine neue Maschine zu kaufen. Am Samstag ist meine Frau unterwegs. Ich überlege, ob ich sie nicht hätte bitten sollen, neue Schraubenzieher mitzubringen. Ich suche nach Batterien. Und in der Küchenschublade, zwischen dem Wundpflaster und dem Paketband, da liegen sie, die Schraubenzieher. Als wenig später meine Frau nach Hause kommt, zeige ich ihr gleich meinen Fund. Sie hält mir ihrerseits einen Karton unter die Nase: Eine neue Kaffeemaschine. Nun bin ich verstimmt: Man muss das Geld ja nicht gleich beim Fenster rauswerfen! Als meine Frau die neue Maschine auspacken will, falle ich ihr in den Arm: „Wenn du sie jetzt auspackst, können wir sie nicht mehr zurückgeben“, sage ich. Unter den skeptischen Augen der Gattin räume ich den Küchentisch leer und platziere die defekte Kaffeemaschine. Als ich die erste der winzigen Befestigungen lösen will, stelle ich fest, dass die Schraubenzieher nicht passen: Es sind kleine Imbusschrauben. Sehr kleine Imbusschrauben. Das konnte man nun wirklich schlecht erkennen. Einen passenden Schlüssel habe ich aber nicht. Die rote Diode blinkt höhnisch. Ich bin versucht, das Gerät zum Fenster rauszuwerfen. Beruhigend legt mir meine Frau die Hand auf die Schulter: „Ich koch uns jetzt erst mal einen Kaffee“, sagt sie. Und packt die neue Maschine aus.

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