Rosenheim – Pfarrerin Rosemarie Rother hat die Erstellung der Sonderführung „Auf protestantischen Spuren in Rosenheim“ anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten in Auftrag gegeben. Danach war es an Elke Steiner, sich in dieses Thema einzuarbeiten. Die Spurensuche gestaltete sich schwierig, nicht zuletzt, weil im Jahr 1641 fast der gesamte mittelalterliche Markt und mit ihm ein Großteil der damaligen Aufzeichnungen einem verheerenden Brand zum Opfer fielen.
Fest steht, vor 500 Jahren war Glaube und Kirche auch in Rosenheim noch allgegenwärtig. Der Ablasshandel war eine feste Größe, um sich von seinen Sünden freizukaufen. Selbst die kleinsten Abweichungen von den Vorschriften der Kirche wurden streng bestraft. Die ersten Protestanten hatten es schwer, ihre Vorstellung von Glauben zu leben. Man ließ sie sogar bespitzeln.
Bei ihren Recherchen stieß Elke Steiner auf die Geschichte des Rosenheimer Pfarrers Wolfgang Murpegh. Er erlaubte sich im Jahr 1557, die Messe in deutscher Sprache zu halten. Außerdem besuchte er Kranke für die Kommunion auch zu Hause. Für diese „Vergehen“ wurde er zuerst im Falkenturm in München eingesperrt und später dann sogar des Landes verwiesen.
Doch so sehr sich die Obrigkeit auch bemühte, so ganz ersticken konnte sie das protestantische Gedankengut nie mehr. Anfang des 19. Jahrhunderts starteten der bayerische Kurfürst Max IV. und seine Frau Karoline einen Aufruf, wonach sich Pfälzer Untertanen im heutigen Großkarolinenfeld ansiedeln sollten, sie waren zum Großteil protestantisch. Bis zum Bau einer eigenen Kirche dauerte es aber trotzdem noch einige Zeit. Schneidermeister Johann Klepper stellte darum im Jahr 1855 das Wohnzimmer seines Wohnhauses auf dem Max-Josefs-Platz für evangelische Gottesdienste zur Verfügung. Zu dieser Zeit zählte man in der Stadt gerade einmal 100 Protestanten.
Danach stieg ihre Zahl aber dann geradezu sprunghaft an. 1876 ist in einer alten Aufzeichnung schon die Rede von rund 600 Protestanten, die im Rosenheimer Rathaus einen Gottesdienst feierten. Eng soll es gewesen sein und stickig.
1886 wurde dann die evangelische Erlöserkirche geweiht. Das neugotische Bauwerk ist eine der ältesten evangelischen Kirchen in Oberbayern. Rund 59000 Mark hat der Rohbau gekostet, für die damalige Zeit sehr viel Geld.
131 Jahre später standen nun zum Abschluss der Sonderführung Katholiken und Protestanten gemeinsam im Innenraum der Erlöserkirche. Daniel Wendrock vom Vorstand des Evangelischen Bildungswerkes war einer der rund 20 Teilnehmer. Er findet es gut, dass auch die evangelische Kirche damit begonnen hat, Luthers Geschichte kritisch zu hinterfragen: „Er wird nicht mehr auf ein Podest gestellt. Das empfinde ich als sehr positiv.“
Max Schlosser, Mitglied in der katholischen Kirchenverwaltung Christkönig, hat in seiner Kindheit und Jugend kaum etwas über Martin Luther erfahren. „Ich war Schüler im jetzigen Finsterwalder-Gymnasium. Obwohl das direkt neben der evangelischen Erlöserkirche ist, war ich als Jugendlicher nicht einmal in dieser Kirche. Für uns war das sozusagen Niemandsland“, erinnert er sich. Erst viel später habe er angefangen, sich für Luther zu interessieren: „Immerhin hat er die Bibel ins Deutsche übersetzt und verbreitet. Durch ihn wurde das Monopol der Kirche auf die Botschaft Christi gebrochen. Das war ein wichtiger Schritt.“