Am Rande notiert

Unzählige Fehler

von Redaktion

„Weißt du, wie viel Sternlein stehen an dem blauen Himmelszelt?“ beginnt ein Volkslied, das der evangelische Pfarrer und Dichter Wilhelm Hey 1837 erstmals zu einer alten Volksweise veröffentlichte. In den 1960er-Jahren trällerte auch der niederländische Kinder- und Großmütter-Liebling Heintje Simons dieses Schlaf- und Wiegenlied.

Wie viel Sternlein gibt es nun? Astronomen versuchen sich in Schätzungen, und nach meiner Erinnerung sollen es mehrere Fantastilliarden sein, wie ich einst in einem Beitrag von Frau Professor Dr. Erika Fuchs von der Sternwarte Entenhausen gelesen hatte. Kurzum: Es sind unzählige. Nun bin ich mathematisch eher unbegabt, aber einfaches Zählen, sogar einstelliges Multiplizieren, gelingt mir noch.

Daher schwillt mir der Kamm, wenn ich Zeilen lese, wie neulich in einem „Tipp für Familien“ zu einer „Rundtour um den Thumsee“ bei Bad Reichenhall in einem Veranstaltungsbladl: „Unzählige Bänke entlang des (2,5 Kilometer langen) Weges laden zum Verweilen und zum Genießen der Natur ein …“

Im Klartext bedeutet das, dass am Thumsee entweder zwischen den dicht an dicht stehenden Sitzgelegenheiten höchstens Platz für einen Papierkorb ist – und selbst diese Anzahl wäre bei 2,5 Kilometern Wegstrecke zu beziffern – oder dass der Verfasser des Fremdenverkehrsamtes nicht weiter zählen kann als er Finger an beiden Händen hat. Möglicherweise ist er ja sogar ein verrenteter Sägewerksmitarbeiter. Eine optische Kontrolle auf der Internet-Seite von Bad Reichenhall offenbarte tatsächlich völlig banklose Wegstrecken rund um den schönen See.

Das Wort „unzählig“ erscheint in jüngster Zeit dermaßen oft in Zusammenhängen, in denen sich selbst auch ein minder begabter Zahlenmensch an den Kopf fasst und beim Lesen denkt: „Der war nur zu faul zum Zählen oder kennt die Wörter ,zahlreich‘ oder ,viele‘ nicht.“

Fest steht jedenfalls: Unzählig wurde und wird fehlerhaft verwendet – inzwischen sicherlich unzählige Male …

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