Rosenheim – Beziehungsdrama, Eifersucht- und Drogenkomplikationen waren der Ausgangspunkt zu diesem Verfahren. Die ganze Vorgeschichte erschien bereits bizarr und widersprüchlich. Die Angeklagte, eine 38-Jährige aus Bad Aibling, hatte in München Anzeige darüber erstattet, dass sie am 16. November 2016 in Rosenheim von hinten überfallen, gepackt, in den Schwitzkasten genommen und geschlagen worden sei. Den Täter habe sie an der Stimme und an Redewendungen erkannt.
Das Ganze war reine Erfindung. Das hatte sie am 30. Januar 2017 wiederum bei der Polizei gestanden. Deshalb auch die Anklage nun beim Amtsgericht. Von der Richterin Christina Wand nach den Motiven befragt, gab sie Folgendes an: Ihre damalige Lebensgefährtin sei früher drogenabhängig gewesen. Mit dem Mann, den sie fälschlicherweise beschuldigt hatte, sei sie ihr „fremdgegangen“. Aber nicht nur das, sie habe auch wieder Drogen konsumiert. Und der von ihr Beschuldigte habe ihr diese Drogen beschafft. Die Lebensgefährtin hätte ihm Sex gegen Drogen geliefert. Ihre falsche Beschuldigung, so habe sie gehofft, würde eine Durchsuchung bei dem Mann provozieren. Falls dann Drogen gefunden worden wären, so hätte der Mann keinen so verderblichen Einfluss mehr auf ihre Lebensgefährtin ausüben können. Befremdlich war indes, dass sie ihre Beschuldigung, von der sie doch alsbald wieder abrücken wollte, laut Akten bei der Polizei Wochen später wiederholt und unterschrieben hatte. Bei dem Versuch, diese Diskrepanz zu erklären, verwickelte sich die Angeklagte in Widersprüche. Ihr Verteidiger, Rechtsanwalt Harald Baumgärtl, versuchte, den Sachverhalt zu klären. Daraufhin offenbarte die Frau – was bisher niemandem bekannt war – dass sie unter zwei Gehirntumoren leide. Sie habe deswegen hin und wieder Aussetzer, die sie sich selber nicht erklären könne. Diese Krankheit habe sie bislang verschwiegen, weil sie sich ihrer Situation schäme und nicht ständig bedauert werden wolle. Auch leide sie unter ständigen Kopfschmerzen und sei deshalb als Schmerzpatientin in Behandlung. Dazu habe man ihr erklärt, dass die Tumore inoperabel seien. Daraufhin beantragte Rechtsanwalt Harald Baumgärtl die sofortige Aussetzung des Verfahrens und eine gutachterliche Beurteilung seiner Mandantin, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass diese vermindert oder gar völlig schuldunfähig sein könnte. Dem stimmte die Richterin zu. Das Verfahren wird fortgesetzt, wenn das Gutachten vorliegt.au