Traunstein – Zwei 50 und 53 Jahre alte Männer aus Penzberg wollten keine Ahnung von Asbest in den Außenplatten einer Hausruine in Traunstein gehabt haben. Nachdem das Gebäude vor rund einem Jahr eingestürzt war und Trümmer auf die Bundesstraße 304 fielen, wurden die Asbestplatten unsachgemäß heruntergeschlagen. Nun verhängte das Amtsgericht Traunstein mit Richter Thilo Schmidt Freiheitsstrafen von sechs beziehungsweise acht Monaten, jeweils ausgesetzt auf vier Jahre zur Bewährung. Der Eigentümer und dessen 53-jähriger Bruder wurde wegen fahrlässigen beziehungsweise vorsätzlichen „unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen“ verurteilt.
Außerdem hielt das Gericht im Urteil fest, die Einziehung des Grundstücks bleibe vorbehalten. Die Angeklagten seien gesamtschuldnerisch dafür verantwortlich, den Gebäuderest binnen sechs Monaten vollständig durch eine Fachfirma beseitigen zu lassen oder das Anwesen an die Stadt Traunstein oder den Freistaat Bayern zu übereignen – in welcher Form, legte das Gericht nicht fest. Die Angeklagten können das Urteil ebenso anfechten wie die Staatsanwaltschaft.
Häuschen für
30000 Euro gekauft
Die Angeklagten haben das seit 2005 nicht mehr bewohnte Haus im November 2007 samt 685 Quadratmetern Grund gemeinsam für circa 30000 Euro gekauft und wollten es herrichten. Mangels Geld („Es hat immer ein bisschen gefehlt“) gingen die Arbeiten aber über Jahre nicht voran. 2019 wollten die Brüder dann angeblich ernsthaft mit dem Renovieren starten. Zunächst sollte das Dach neu eingedeckt werden, Ziegel-Paletten lagern bis heute an dem desolaten Anwesen an der Salzburger Straße 3, das 2018 auf Weisung der Stadt eingezäunt wurde.
Die Schneekatastrophe Anfang 2019 bereitete den Plänen ein Ende. Am Abend des 25. Februar brach ein Teil des Dachs ein. Der Wettermantel blieb zum Teil stehen. Trümmer auf der Bundesstraße lösten damals einen Großeinsatz von Feuerwehr und Polizei aus. Die Stadt Traunstein ordnete an, die Einsturzstelle müsse gesichert, die noch stehende Westwand abgebrochen werden. Wegen der Asbestgefahr müsse dies durch eine Fachfirma erfolgen – so die Stadt. Das Baurechtsamt unterstrich dies zudem in einem Telefonat mit dem 50-Jährigen, der laut Grundbuch Alleineigentümer der Bauruine ist. Dennoch wurde dessen 53-jähriger Bruder am 28. Februar angetroffen, wie er Asbestplatten demontierte.
Ende Februar 2019 untersagte das Gewerbeaufsichtsamt als Arbeitsschutzbehörde weitere Arbeiten. Im März und Juli forderte das Landratsamt den Eigentümer erneut auf, die asbesthaltigen Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen und Nachweise vorzulegen. Geschehen ist bis dato nichts. Parallel zu dem Strafverfahren läuft ein Verwaltungsverfahren, das derzeit beim Verwaltungsgerichtshof liegt.
Der 50-jährige Angeklagte befürchtet, dass durch den Abbruch des im Außenbereich gelegenen rund 100 Jahre alten Häuschens das Baurecht erlösche. Die Stadt Traunstein interessiere sich ebenso für das Anwesen wie das Staatliche Bauamt. Wie der Baurecht-Leiter der Stadt im Zeugenstand berichtete, könnte dort eine Unterführung für einen Radweg entstehen. Das Anwesen beschäftige die Stadt schon seit Anfang der 2000er-Jahre.
Einsturz im
Februar 2019
Der Bauzustand habe sich kontinuierlich verschlechtert – bis zum Einsturz im Februar 2919. Das Grundstück sei nicht mehr bebaubar, somit „wertlos“. Möglicherweise könne es wieder bebaut werden, aber nicht für sich allein, höchstens im Zusammenhang mit Nachbargrundstücken. Im Raum stehe auch eine „Ersatzvornahme“, also der Gebäudeabriss durch die Stadt, wobei der Eigentümer die Kosten tragen muss.
Der Sachverständige Peter Aschendorf erläuterte die abfallrechtlichen Details. Asbestfasern seien bei der zerstörerischen Verkleinerung der Platten freigesetzt worden. Auch das Erdreich sei kontaminiert. Um den Schaden zu beseitigen, müssten zehn bis 15 Zentimeter Erdreich abgetragen werden. Ein Eigentümer könne den Abbruch der Hausruine nicht mehr sachgerecht erledigen.
Staatsanwältin Dr. Theresa Fraunhofer-Steinberger plädierte auf zehn Monate Freiheitsstrafe für den Eigentümer beziehungsweise sechs Monate für den Bruder, jeweils mit Bewährung unter Geldauflagen von 3000 und 2000 Euro. Der 50-Jährige müsse binnen drei Monaten die Asbestabfälle fachgerecht entsorgen lassen. Der Verteidiger beantragte Freispruch. Beide Brüder beschwerten sich über das Vorgehen der Behörden. Schließlich seien sie geschädigt.