Letzte Wege

von Redaktion

Vierzehn Tage vor Weihnachten mache ich mich auf dem Weg zu einer Beerdigung der besonderen Art. Bei der „Bestattung von Amtswegen“, wie es offiziell heißt, werden die Verstorbenen beerdigt, die keine unmittelbaren Angehörigen mehr haben.

In der Aussegnungshalle feiere ich gemeinsam mit der evangelischen Pfarrerin einen Ökumenischen Gottesdienst. Acht Urnen erwarten uns dieses Mal und das macht mich schon sehr nachdenklich: Acht Menschen, von denen wir nur den Namen und die Adresse kennen. Manche haben ganz allein gelebt, andere sind hoch betagt, aber eben völlig alleinstehend in einem Pflegeheim gestorben.

Mich bewegt, was diese Menschen erlebt haben, welche Überzeugungen und Träume sie hatten, wen sie geliebt haben. Und doch hat dieser einsame Abschied für mich auch Lichtsignale. Zumindest ein kleiner Kreis von Freunden und Bekannten ist gekommen, zudem einige Pfarrangehörige, die sich dafür bewusst Zeit nehmen.

Auch für diesen Abschied haben wir feierliche Musik, denn der Organist verzichtet auf sein Honorar. Die Inhaber des Blumengeschäfts in der Nähe des Friedhofs haben mir über viele Jahre für jede einzelne Urne den Blumenschmuck kostenlos zur Verfügung gestellt und nie ein Wort darüber verloren. Altersbedingt schließen sie ihr Geschäft zum Ende des Jahres.

Ich bin jetzt mal zuversichtlich, dass sich auch für das neue Jahr etwas finden wird. Wir machen in dieser Feier sichtbar, was wir glauben: dass bei Gott niemand vergessen ist! Langsam gehe ich ins Pfarrhaus zurück und zünde dort noch eine Kerze an.

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