Der Täter, das Phantom

von Redaktion

Vergewaltigung: Polizei spricht von komplizierten Ermittlungen

Rosenheim – Es war ein Albtraum, den eine junge Frau im September erlebte: Auf dem Heimweg vom Herbstfest wurde sie Opfer einer Vergewaltigung. Zehn Wochen später wertet die Polizei noch immer Spuren aus. „Die Ermittlungen laufen weiterhin auf hohen Touren“, sagt Sprecher Stefan Sonntag.

Es war die Nacht auf den 8. September. Eine 21-Jährige hatte sich vom Herbstfest auf der Loretowiese auf den Heimweg gemacht. Nach dem gut einen Kilometer Fußmarsch durchquerte sie den Riedergarten. Da geschah es: Ein Unbekannter griff sie an, warf sie zu Boden, verging sich an ihr. Gegen 2.30 Uhr geschah das. Nach dem Verbrechen irrte die junge Frau durch die Innenstadt. Ein Passant entdeckte sie, auf einer Bank am Max-Josefs-Platz sitzend. Er brachte sie zur Polizei.

Probleme eher in der
Zeit nach dem Fest

Über zwei Monate später ermittelt die Polizei noch immer. Ob DNA-Spuren entdeckt worden seien, ob sie bereits mit Verdächtigen abgeglichen wurden: Darüber kann Stefan Sonntag keine Auskunft geben. „Ermittlungstaktische Gründe“, sagt der Sprecher des Präsidiums. Auch was die Spur an der Kaiserstraße betrifft, die ein Spürhund gewittert haben könnte, hält sich die Polizei bedeckt.

Das Verbrechen hatte seinerzeit das Herbstfest überschattet und weit über Rosenheim hinaus für Bestürzung gesorgt. Sonntag hat volles Verständnis dafür, sagt aber auch: „Das Herbstfest ist an sich ein sehr sicheres Fest, auch im Vergleich zur großen Schwester in München.“ Allerdings sorge der Alkohol mitunter schon für Probleme, vor allem in den Stunden nach dem Zapfenstreich im Festzelt. Dann zieht das Partyvolk durch die Innenstadt weiter, in Bars und Clubs, wo Drinks Zunge und Schlaghemmung lockern. Eine Zeit, „in der die Polizei besondere Präsenz zeigt“, wie Sonntag sagt.

In den Tagen nach dem Verbrechen machten sich die Beamten auch an die Auswertung zahlreicher Kameras in der Innenstadt, „Material aus Kameras im privaten Besitz ebenso wie aus Kameras im öffentlichen Raum“. Weit über 50 Gigabyte Datenmaterial hatte die Gruppe zu sichten, „eine unglaublich große Datenmenge“, wie Sonntag sagt. Tatsächlich reicht ein solches Volumen aus, um bei einem Streamingdienst wie Netflix 150 Stunden Filme in allerdings mäßiger Auflösung anzuschauen.

Zur Ermittlungsgruppe meldeten sich weitere Beamte, Tage dauerte das Sichten der Aufzeichnungen – für 16 Beamte. Was es gebracht hat? Auch da äußert sich die Polizei vorsichtig. Nichts berichtet sie von Bildern auf frischer Tat, von klaren Bildern eines Täters. Nur so viel: Man denke nicht entfernt daran, den Fall als „Cold Case“ zu den Akten wandern zu lassen, sei vielmehr zuversichtlich, den Fall bald lösen zu können.

Denn, das sagt Stefan Sonntag auch: Die Kripo im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd in Rosenheim verzeichne Aufklärungsquoten sogar über dem hohen bayerischen Durchschnitt: 72,7 Prozent gegenüber 66,7 Prozent bayernweit bei allen Straftaten. „Das liegt auch daran, dass uns die Menschen gut unterstützen“, sagt Sonntag, „die Zusammenarbeit zwischen Bevölkerung und Polizei ist wirklich gut.“ Zwischen 2017 und 2018 sei die Zahl der Straftaten im Gebiet des Präsidiums um über zehn Prozent gesunken, die Zahl etwa der Hauseinbrüche gar um über ein Drittel.

Sicherheitsgefühl eine
Sache des Vertrauens

Sonntag äußert sich auch selbstkritisch. „Die Sicherheit war noch nie so groß“, sagt er, „und doch haben die Menschen das Gefühl wachsender Unsicherheit.“ Das habe etwas mit Vertrauen zu tun, und daran könne die Polizei arbeiten: „über hohe Aufklärungsquoten, Transparenz und Präsenz“.

Die Suche nach dem unbekannten Täter gestaltet sich schwierig. Das Herbstfest hat gut eine Million Besucher, viele davon weit außerhalb der Grenzen des Landkreises. Aufgrund der Angaben der Frau ging die Polizei auch Spuren auf dem Herbstfest selbst nach. Die Ermittlungsgruppe „Park“ nahm die Personalien aller Betreiber von Fahrgeschäfte, Imbissbuden, Schausteller auf dem Herbstfestgelände sowie von deren Mitarbeitern auf. Außerdem seien sie „bezüglich ihrer Wahrnehmungen im relevanten Tatzeitraum befragt“ worden, teilte die Polizei seinerzeit mit. Konkrete Ergebnisse, einen Durchbruch gar – die Polizei hält sich bedeckt.

Die Schreckensbilder der Septembernacht in Rosenheim, vom Angreifer im Riedergarten: Sie bleiben vorerst schemenhaft. Die junge Frau konnte so viel zu Protokoll geben: Der Täter sei zwischen 25 und 30 Jahre alt gewesen, habe einen Dreitagebart gehabt und „südländisch“ ausgesehen; er habe stark nach Urin und Nikotin gerochen, das Haar sei fettig oder nass gewesen. Er trug helle Schuhe, Bluejeans, ein dunkles T-Shirt oder einen Pulli. Außerdem trug er eine hüftlange, auffällige, knallig hellrote und dickere Jacke mit weißem Querstreifen am Rücken. Für ein Phantombild reichten die Angaben offenbar nicht.

Komplizierte Ermittlungen offenbar. Davon spricht die Polizei auch in dem Fall von sexueller Belästigung im „Tatzelwurm“ während des Herbstfestes: Auf die Anzeige hin seien zahlreiche Befragungen bereits geführt worden, jedoch seien noch weitere notwendig, sagt Sonntag.

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