Hut ab: Der Priester und die Liebe

von Redaktion

Michael Maurer aus Eiselfing bewegt mit Entscheidung gegen Zölibat

Eiselfing – Er hat sich für die Liebe entschieden. Will heiraten, glücklich sein. Und er hängt dafür sein Priesteramt an den Nagel: Michael „Miche“ Maurer aus Eiselfing riskiert mit seinem Bekenntnis viel – und bekommt prompt die Härte der katholischen Kirche zu spüren. Denn: Er wurde mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert – was in seiner Heimatgemeinde und darüber hinaus für Kopfschütteln und Unverständnis sorgt.

Im Juli 2015 war die große Primizfeier von Michael Maurer in Eiselfing. An einem heißen Sommertag, im Freien, am Ufer des Eiselfinger Sees. Weit über 2000 Gläubige aus der Gemeinde und aus dem Umland ließen sich die erste heilige Messe des sympathischen Neupriesters, damals 29 Jahre alt, nicht entgehen.

Kirchliche Trauung: Nur mit Kaplan Maurer

Ebenfalls unter den Gläubigen: Katrin und Alexander Maier. Er aus Eiselfing, sie aus Wasserburg. Heute ist er Zweiter Kommandant der Feuerwehr Bachmehring und erinnert sich noch genau an diesen besonderen Tag, an dem scheinbar die gesamte Gemeinde auf den Beinen zu sein schien. Beeindruckt von der offenen und sympathischen Art des Neupriesters, den Alexander Maier schon von Kindesbeinen an kennt, reifte bei dem jungen Paar der Gedanke: Wenn eines Tages geheiratet werden sollte, dann mit Michael Maurer.

Dieses Jahr sollte es nun so weit sein: Standesamt im März, kirchliche Trauung mit großem Fest im Juli. Natürlich mit Michael Maurer, der seit September 2015 als Kaplan in Trostberg tätig ist, aber die Verbindung in seinen Heimatort nie abreißen ließ.

Weil Hochzeiten idealerweise akribisch und mit großem Vorlauf geplant werden, trafen sich Alexander Maier und seine Katrin bereits Ende vergangenen Jahres mit ihrem „Wunsch-Pfarrer“, um Termin und Rahmen der kirchlichen Trauung zu besprechen. Der Termin war schnell gefunden: Der 20. Juli sollte es sein. Natürlich „daheim“, in der Pfarrkirche von Eiselfing.

Und jetzt? In den vergangenen Tagen überschlugen sich geradezu die Ereignisse. Kaum hatte Kaplan Maurer (33) bei der Personalabteilung des Erzbischöflichen Ordinariats München angekündigt, sein Priesteramt an den Nagel hängen zu wollen, weil er sich für die Liebe, für seine künftige Frau entschieden hatte, reagierte die Kirche prompt: sofortige Suspendierung vom Dienst. Michael Maurer kann demzufolge nicht mehr als Priester tätig sein.

Ein Schock für seine Kirchengemeinde in Trostberg, in der er hochgeschätzt und sehr beliebt ist. Und auch in Eiselfing stieß die Nachricht von der Suspendierung ganz und gar nicht auf Begeisterung.

Gleichzeitig zeigt man sich im Ort beeindruckt, zieht sprichwörtlich den Hut vor Maurers Entscheidung. „Das ist bei uns natürlich ein Riesengesprächsthema und wird viel diskutiert, aber überwiegend positiv, weil es die meisten mutig und konsequent finden, dass er diesen Schritt gemacht hat“, gibt Eiselfings Bürgermeister Georg Reinthaler Einblick in die Stimmungslage.

Gerüchte gab es

schon länger

Und was bedeutet die Suspendierung nun für die in wenigen Tagen anstehende Trauung von Katrin und Alexander Maier? Alles in trockenen Tüchern, verrät der Bräutigam im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen. Michael Maurer hatte offenbar schon beim ersten Traugespräch vor wenigen Wochen angedeutet, dass er sich zum Ende seiner Kaplanszeit in Trostberg, was Mitte August gewesen wäre, vom Priesteramt verabschieden will. „Wir haben allerdings nicht nach den genauen Gründen gefragt, als er das erwähnte“, erzählt Maier. Doch Gerüchte über den sympathischen Priester und die Liebe habe es schon seit geraumer Zeit gegeben. „Dass was im Busch ist, war klar.“

Man hört – und schweigt offenbar in Eiselfing. Denn, das hat der scheidende Priester anscheinend versichert: Keine Sorge um die Trauung der Maiers, das geht klar. Der Plan ist, bei der Zeremonie in Eiselfing einen zweiten Geistlichen hinzuziehen, der sozusagen hochoffiziell den Segen spendet. „Damit es kein böses Blut gibt mit der Kirche“, lacht der Bräutigam – und blickt dem Festtag deshalb entsprechend gelassen entgegen. „Das wird ein interessanter Tag für uns“, ist er überzeugt.

Das harte Vorgehen der katholischen Kirche kann er, Maier, allerdings nicht nachvollziehen. „Im Prinzip ist es doch lächerlich, wegen der drei, vier Wochen das so übers Knie zu brechen.“ Bedauerlich findet er zudem, dass in diesem Fall Ehrlichkeit bestraft wird. „Das ist wirklich schade.“

Großes Unverständnis für die rigorose Entscheidung der katholischen Kirche herrscht auch bei den Online-Usern der OVB-Heimatzeitungen (Facebook/ ovb.heimatzeitungen). Gleichzeitig wird Michael Maurer von vielen zu seiner „mutigen Entscheidung“ (Rita Carola S.) beglückwünscht. Elfriede V. meint: „Alles Gute für die Zukunft und den Mut. Wie soll ein katholischer Pfarrer über Liebe, Ehe und Familie predigen, wenn er selbst sie nicht leben darf?“ Und Pia P. hofft: „Vielleicht fängt die Kirche doch einmal zum Denken an…“

Von der katholischen Kirche wird Michael Maurer übrigens nicht vor die Tür gesetzt – ihm wird eine „Rückführung in den Laienstand“ angeboten. Er könnte dann als Religionslehrer oder in der Erwachsenenbildung arbeiten.

Ob das für ihn überhaupt infrage kommt oder ob er der Kirche komplett den Rücken kehrt, weiß vermutlich nur er. Für eine Stellungnahme war er gestern nicht zu erreichen – aufgrund des großen Wirbels um seine Person ist er vorerst abgetaucht.

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