Prien – Zwei Schilder mit der Aufschrift „Achtung Ölspur“ sind alles, was am Tag danach noch an das Drama erinnert, das sich am Samstagmittag vor dem Kreisel in der Alten Rathausstraße in Prien abgespielt hat. Dort war ein 23-Jähriger mit seinem Traktorgespann von der Fahrbahn abgekommen und mehrere Meter tief in die Prien gestürzt. Der Vater des Unfallopfers fuhr wenige Meter voraus und musste das Unglück im Rückspiegel beobachten.
Der Vater ist Philipp Frank, Direktor beim Circus Boldini, der gerade auf einer Wiese bei Wildenwart seine Zelte aufgeschlagen hat. „Meinem Sohn geht es gut“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung am Tag danach. Er müsse lediglich noch eine Nacht zur Überwachung im Krankenhaus bleiben.
Als Philipp Frank darüber spricht, was sich am Vortag abgespielt hat, ringt er immer wieder um Fassung. Die Zirkusleute waren gegen 13 Uhr in einer Kolonne mit Material von Wildenwart zum nächsten Spielort nach Taching am See unterwegs. Als Frank im Rückspiegel beobachtete, wie das 13 Tonnen schwere Gespann mit seinem Sohn plötzlich im Abgrund verschwand, habe er sofort angehalten und sei zur Unfallstelle gerannt. „Ich bin die Böschung hinunter und habe immer wieder geschrien: ‚Mein Junge! Mein Junge!‘“
Am Traktor angekommen, hätten ihn Leute oben an der Böschung darauf aufmerksam gemacht, dass sein Sohn aus dem Wrack geklettert sei. „Dann habe ich ihn erst gehört“, berichtet Frank. Die Erinnerung an die bangen Sekunden treibt ihm immer noch die Tränen in die Augen.
Der Zirkusdirektor beschreibt seinen Sohn als durchtrainiert. Wahrscheinlich aufgrund dieser guten körperlichen Konstitution habe er es geschafft, sich aus dem Traktor zu befreien. Im Wasser habe sich der Sohn an Steine und Äste geklammert, um nicht von der Strömung mitgerissen zu werden. Als Vater und Sohn wieder die Straße erreichten, waren neben Ersthelfern schon Feuerwehr und Rettungskräfte vor Ort. Auch die Großübung der Wasserwacht in Bad Endorf, die zeitgleich stattfand (siehe Bericht auf der nächsten Seite), wurde aufgrund des Unfalls kurzfristig unterbrochen.
„Der junge Mann hat riesiges Glück gehabt, dass er nicht eingeklemmt wurde. Ein Schutzengel alleine reicht da nicht aus“, sagt Priens Feuerwehrkommandant Stefan Pfliegl. Günstig sei auch der Umstand gewesen, dass die Prien zurzeit nicht mehr so viel Wasser führe, wie noch vor wenigen Tagen. Zwei Spezialkräne holten das Traktorgespann schließlich aus dem Wasser. Währenddessen kümmerte sich die Feuerwehr schon darum, auslaufendes Öl und Diesel aufzufangen. Erst um kurz nach 20 Uhr war die Bergung abgeschlossen. Insgesamt waren 60 Männer und Frauen im Einsatz, die Unfallstelle musste bis zum Abend gesperrt bleiben. Über die Ursache kann die Polizei noch keine Aussage machen.
Eigentlich wollte der Zirkus seinen Standplatz in Wildenwart am Samstag räumen. Aber nach dem Unglück habe der Landwirt, dem die Wiese gehört, spontan gesagt, der Zirkus könne noch bleiben. „Die Leute hier sind einfach toll“, berichtet Frank von viel Hilfsbereitschaft nach dem Unglück. Das Gastspiel beim Schulprojekt an der Grundschule Taching soll am heutigen Montag wie geplant starten. Allerdings muss der kleine Familienzirkus mit seinen neun Leuten improvisieren, weil das Zelt bisher nicht aufgebaut werden konnte. So geht es nun erst einmal in der Turnhalle los.
Philipp Frank ist am Sonntag noch einmal an die Unfallstelle in Prien gefahren. Er sagt: „Ich habe mich dort beim Herrgott bedankt, dass meinem Sohn nichts Schlimmeres passiert ist.“