Bad Aibling/Köln – Was hat AfD-Politiker Andreas Winhart mit Türkei-Staatschef Recep Erdogan gemeinsam? Ganz einfach: Beide haben deutsche Satiriker verklagt. Zwei Jahre nach der Böhmermann-Affäre zeigte der AfD-Abgeordnete jetzt die Komikerin Enissa Amani an. Der Streit schlägt im Netz hohe Wellen. Dabei deutet sich an, dass sich der Disput zwischen Amani (33) und Winhart (38) lange hinziehen könnte.
Einen Rückzieher wird die deutsch-iranische Komikerin, Moderatorin und Schauspielerin („Fack ju Göhte 2“) so schnell nicht machen. „Anzeige von Andreas Winhardt ist gekommen – und ich werde es wieder sagen und wieder sagen und wieder sagen“, schreibt die Kölnerin in einem Instagram-Post. Die Entertainerin hatte Winhart in einem selbstgedrehten Video unter anderem als „Idiot“, Bastard“ und „elenden Rassisten“ bezeichnet, der „weggesperrt“ gehöre. Damit reagierte sie auf den Wahlkampf-Auftritt Winharts vor einem halben Jahr in Bad Aibling, der über die Region hinaus für Schlagzeilen sorgte.
Winhart hatte sich dort in Ton, Wortwahl und Inhalt vergriffen, als er gegen „Neger“, Asylbewerber, Albaner und Kosovaren wetterte. Er wurde wegen Volksverhetzung angezeigt. Wenige Wochen später, soeben in den Landtag gewählt, entschuldigte sich Winhart für die Äußerungen. Die Justiz stellte das Verfahren gegen den Abgeordneten, den zeitweise auch der Verfassungsschutz im Blick hatte, später ein.
Winhart empfindet vor allem das Wort „Bastard“ als Beleidigung. „Mit großem Bedauern über ihre Verfehlungen sah ich mich gezwungen, gegen Frau Enissa Amani rechtliche Schritte einzuleiten“, postete er im Netz. Dass die Staatsanwaltschaft Traunstein bereits ermittelt, wie er gegenüber der „Welt“ erklärte, ist jedoch nicht korrekt. Diese bestätigt den Erhalt der Anzeige, aber von Ermittlungen könne noch keine Rede sein. Es sei noch nicht einmal geklärt, welche Behörde sich mit dem Fall befassen muss. Zum Strafverfahren gegen Amani kommt es nur, wenn die Justiz ein öffentliches Interesse erkennt. Die Rechtslage, auf zwei kurze Nenner gebracht, ist so: Wenn man einen Polizeibeamten beleidigt, wird üblicherweise das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht. In der Politik sind deutlich höhere Anforderungen an die strafrechtliche Relevanz einer Beleidigung geknüpft.
Sollte kein Strafverfahren gegen Amani eingeleitet werden, bleibt Winhart nur eine zivilrechtliche Klage. Eine Unterlassungserklärung hat die Komikerin bereits erhalten. Dass sie ihre Unterschrift darunter setzen wird, scheint derzeit ausgeschlossen. ludwig simeth