Traunstein/Schnaitsee – Ein 35-jähriger Pfleger aus Schnaitsee muss wegen Vergewaltigung und Misshandlung von drei Frauen für sechs Jahre hinter Gitter. Die Zweite Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzendem Richter Erich Fuchs hielt sich mit dem gestern verhängten Strafmaß an den mit den Prozessbeteiligten getroffenen Korridor im Fall eines vollen Geständnisses. Der Angeklagte hatte früher stets geleugnet, Gewalt angewendet zu haben. Erstmals ließ er nach dem Deal von seinen Anwälten alle Vorwürfe einräumen. Von ihm selbst war jedoch nie ein Wort zu hören.
Dem komplexen Verfahren lagen ursprünglich noch mehr Vergewaltigungen zugrunde. Durch die Einigung am ersten Prozesstag samt pauschalem Geständnis über eine Verteidigererklärung reduzierte sich die Opferzahl auf drei Frauen, von denen der Angeklagte zwei über eine Internet-Dating-Plattform kontaktiert hatte. Eine kannte er von seinem Beruf her.
Richter Fuchs führte die Details im gravierendsten Fall näher aus. Eine der Frauen sei mit einer körperlichen Beziehung zunächst einverstanden gewesen, später jedoch nicht mehr. Das habe der 35-Jährige auch klar erkannt. Der Angeklagte habe Erfüllung darin gefunden, die Opfer zu quälen, zu verletzen und zu erniedrigen.
Verwirklicht habe er zwei schwere Vergewaltigungen, eine Vergewaltigung sowie mehrfache gefährliche oder vorsätzliche Körperverletzungen. Bei zwei der Frauen sei das Gericht von einem erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleich ausgegangen, in einem Fall nicht. Dabei könne nicht unbeachtet bleiben, dass letzteres Opfer keine Entschuldigung und keinen weiteren Kontakt gewünscht habe.
Das Geständnis des Angeklagten, seine Therapiebereitschaft und damit auch die an den Tag gelegte Einsicht, seien positiv zu werten. Angenommen habe das Gericht auch eine gewisse alkoholische Enthemmung, so der Richter. Andererseits habe der voll schuldfähige Angeklagte mehrere Frauen vergewaltigt und gedemütigt – mit entsprechenden Folgen für die Opfer.
Staatsanwältin Pia Moulas hatte gestern innerhalb des vereinbarten Strafkorridors die Höchststrafe von sechs Jahren und drei Monaten beantragt. Alle verbliebenen Anklagepunkte hätten sich bestätigt.
Dass eine der Frauen zunächst mit Geschlechtsverkehr einverstanden war, ändere nichts an der Schuld des 35-Jährigen. Er habe das Nein einer Partnerin zu akzeptieren. Durch das Würgen habe für eines der Opfer Lebensgefahr bestanden.
Strafmindernd hielt die Staatsanwältin zugute, das Geständnis habe den Opfern eine Aussage und unangenehme Fragen zur Intimsphäre erspart. Der Angeklagte weise keine Vorstrafen auf, wolle eine Sozialtherapie absolvieren und habe den Frauen insgesamt 24000 Euro Schmerzensgeld gezahlt.
Opfer leidet
unter Albträumen
Zulasten gingen die Art des Geschlechtsverkehrs wie die Erniedrigung der zudem durch Fesseln schutzlosen Opfer. Diese hätten den Eindruck geschildert: „Weinen und Schreien machten ihn noch mehr an.“ Strafschärfend wirkten nach Worten von Pia Moulas die Folgen für die Geschädigten. So hatte gestern in dem Prozess eine Zeugin berichtet, sie werde von Albträumen geplagt. Immer wieder kämen „die Bilder hoch“.
Den Wert des Geständnisses hoben die Verteidiger aus Rosenheim, Harald Baumgärtl und Dr. Markus Frank, heraus. Es habe die Verfahrensdauer wesentlich verkürzt. Weiter positiv zu berücksichtigen seien die Schmerzensgeldzahlungen ihres Mandanten und der damit geleistete Täter-Opfer-Ausgleich. Bei allen Taten hätten zudem Alkohol und Drogen eine Rolle gespielt. Schließlich sei zu sehen, dass der 35-Jährige „ausdrücklich“ therapeutische Maßnahmen wünsche. Ein psychiatrischer Gutachter habe sie außerdem als „erfolgsversprechend“ bezeichnet.
Eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren sei ausreichend, so die Verteidiger. Der Sachverständige hatte vom „Interesse des 35-Jährigen an sadistischem Sex“ gesprochen. „Sexueller Kick“ für ihn sei, wenn eine Frau leide.