„Mit Attel kam die Rettung“

von Redaktion

OVB-Weihnachtsaktion Eine neue Bleibe für Lisa – Eltern erleichtert

Wasserburg/Attel – Als Familie D. erfuhr, dass der Träger der Einrichtung, in der ihre Tochter Lisa seit fast zehn Jahren untergebracht war, plötzlich Insolvenz anmeldete, brach für sie eine Welt zusammen. Die Suche nach einer neuen Bleibe war mehr als schwierig, es gab im Intensivbereich nirgends einen freien Platz.

Die Eltern möchten namentlich nicht genannt werden, zu viele Widrigkeiten mussten sie schon für ihre Tochter meistern. Aber ihre Geschichte zeigt, wie schwierig es ist, eine passende Unterbringung zu finden. „Der Platz in Attel ist für uns ein Glücksfall. Als die alte Einrichtung vor der drohenden Schließung stand, fühlten wir uns, als säßen wir in einem Schlauchboot, dem die Luft ausgeht. Mit Attel kam die Rettung.“

Viele Mitbewohner aus Lisas alter Gruppe wurden über ganz Bayern verteilt, einige kamen in Psychiatrien – die schlimmste Vorstellung. Denn es mangelt an geeigneten Plätzen für Menschen mit geistiger Behinderung und psychischen Verhaltensauffälligkeiten.

Seit Februar wohnt nun Lisa in einer der beiden neuen Intensivwohngruppen in der Stiftung Attl. „Schon beim ersten Besuch fühlte sich Lisa wohl“, so die Mutter. Wobei „Wohlfühlen“ eine Interpretation der Eltern ist – zumindest machte Lisa beim Kennenlernbesuch bereitwillig mit. Sie spricht nicht, kommuniziert mit Ja/Nein-Karten. „Wir erkundeten mit ihr die Umgebung, waren bei den Pferden und machten in ihrem neuen Zimmer eine längere Pause. Lisa war total entspannt. Vier Wochen später ist sie dann eingezogen.“

Familie D. musste wieder einmal lernen loszulassen, damit sich Lisa eingewöhnen konnte. Erst sieben Wochen später, nach der Eingewöhnungsphase, holten sie ihre Tochter übers Wochenende nach Hause. Lisa wirkte zufrieden und kehrte gern wieder in ihre Gruppe zurück. Schnell hat sie dort Routinen entwickelt. Ihr Lieblingsplatz ist die Sitzbank. „Da kriegt sie alles mit und ist ein Teil der Gesellschaft. Das war für uns das Zeichen, dass sie angekommen ist“, so der Vater. Ein steiniger Weg liegt hinter den Eltern. Viel Vertrauen in diverse Institutionen wurde zerstört. Und das muss erst langsam wieder aufgebaut werden.

In Petra Hageneder, der Leiterin des Intensivbereichs, fanden Lisas Eltern eine Ansprechpartnerin, die immer für sie da ist. Sie weiß, wie wichtig es ist, die Eltern mit einzubinden – gerade am Anfang der Zusammenarbeit, wenn noch viele Wunden offen sind. „Für manche Eltern, die zu mir kommen, ist es neu, dass ihr Kind kein Problemfall mehr ist. Aber dafür sind wir da. Die Eltern dürfen einfach nur wieder Eltern sein.“

Der Neubau für das Intensivwohnen sichert „jungen Wilden“, wie Lisa, dauerhaft das Leben in Attel in einem Umfeld, das auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet ist. „Und für unsere Tochter wünschen wir uns am meisten, dass sie mit all ihren Stärken und Schwächen akzeptiert wird und in Attel ein erfülltes Leben mit Perspektiven findet“.

Überweisungsträger für die Weihnachtsaktion „OVB-Leser zeigen Herz“ liegen der heutigen Ausgabe bei. Neue Spenderliste auf Seite 41.

Es ist viel möglich bei Personen, die sonst in der Psychiatrie landen würden

Frau Hageneder, welche Personen sind im Intensivwohnen unterbracht?

Wir betreuen Menschen mit einer geistigen Behinderung, die zudem psychische Verhaltensauffälligkeiten aufweisen. Oft geht das mit Aggressionen gegen sich selbst oder andere einher.

Welche sind die größten organisatorischen Herausforderungen im Intensivbereich?

Die größte Herausforderung besteht darin, wirklich gutes und qualifiziertes Personal zu finden. Das stellte uns auch bei der Gründung der beiden neuen Gruppen vor eine schwere Aufgabe. Neben der fachlichen Qualifikation müssen die Mitarbeiter einen guten Zugang zu den Betreuten finden und eine Zuneigung für diese Menschen entwickeln können. Und es liegt an uns, dass sich das Personal bei uns dauerhaft wohlfühlt und durch Weiterbildungen sowie Schulungen auch bestmöglich unterstützt wird.

Und welche sind die größten fachlichen Herausforderungen?

Sie bestehen darin, unsere Philosophie im Intensivwohnen weiterzugeben. Denn der Weg, den wir beschreiten, ist nicht in Stein gemeißelt. Damit wir dauerhaft Vertrauen aufbauen können, müssen wir uns und unser Tun immer wieder hinterfragen. Aber wir sehen hier in der Stiftung Attl, was alles möglich ist bei Personen, die sonst dauerhaft in der Psychiatrie landen würden.