Flintsbach – Vor der Druckerei Rapp steht ein Löschfahrzeug. Ein Schlauch schlängelt sich zwischen Gebäude und Container hindurch, als wolle er den Weg zur Brandstelle zeigen. Dort herrscht Chaos in seiner Reinform. Am Boden türmt sich ein Berg aus durchweichtem Papier, Isoliermaterial und Gebäudeteilen gebettet in eine Pfütze aus Löschwasser und -schaum. Stellenweise steigen kleine Rauchwolken auf. Wenige Meter von der Ruine entfernt steht ein Gabelstapler – zumindest teilweise: Die Hebevorrichtung liegt abgetrennt daneben. Die Fabrikhalle ist teils eingerissen, teils verkohlt.
Bürogebäude
bleibt verschont
„Man fühlt sich hilflos“, sagt Geschäftsführer Wolfgang Rapp (54). „Es fängt klein an und breitet sich so rasend schnell aus.“ Brandherd, das vermutet Kreisbrandrat Richard Schrank, war wohl eine Druckmaschine. „Der Drucker hat es bemerkt und sofort die Feuerwehr gerufen“, erzählt Rapp. In der Zwischenzeit versuchten beide, der Flammen mit Feuerlöschern Herr zu werden. Vergeblich. Kein Wunder: „In der Halle haben rund 80 Tonnen Papier gelagert“, sagt Schrank. Das Feuer griff in Windeseile über.
Nur kurz nach der Alarmierung um 18.45 Uhr waren die ersten Einsatzkräfte vor Ort. Praktisch: Die Feuerwehr Fischbach musste nur die Straße überqueren. Im Laufe der Nacht waren bis zu 200 Feuerwehrleute im Einsatz. „Wir haben versucht, den Schaden so gering wie möglich zu halten“, sagt Schrank. Was das Bürogebäude, die Nachbarhäuser und den Gastank betrifft, mit Erfolg. Auch zwei alte Druckmaschinen, die in einem Nebengebäude stehen, blieben verschont. Quasi Glück im Unglück für Petra Rapp: „Die haben einen sentimentalen Wert.“
Das Herzstück der Druckerei, die Halle, in der auch die Druckmaschine steht, wurde dagegen ein Raub der Flammen. „Da war nichts mehr zu retten“, erzählt der Kreisbrandrat. Zumal Löscharbeiten ab einem gewissen Zeitpunkt nur mehr von außerhalb des Gebäudes möglich waren. „Die Stahlträger haben sich schon gebogen. Wir mussten unsere Leute rausholen.“ Kein unnötiges Risiko. Das galt übrigens auch für Bahnreisende: Die Strecke Rosenheim-Kufstein wurde unter anderem wegen starker Rauchentwicklung mehrere Stunden komplett gesperrt.
Bis etwa 2 Uhr dauerten die Hauptlöscharbeiten. Anschließend hielten einige Einsatzkräfte Brandwache, um Glutnester und Papierrollen zu löschen. Gegen 8 Uhr morgens rückte dann der Bagger an. „Wir haben angefangen, das Gebäude abzutragen und Brandgut zu beseitigen.“
Mitarbeiter
sind konsterniert
Dieser Anblick hat den Geschäftsführer sichtlich mitgenommen. „Das war das Schlimmste: Wie der Bagger das Gebäude einreißt.“ Auch Rapps Umfeld und seine Mitarbeiter zeigen sich am Tag danach konsterniert: Mit tränenüberströmtem Gesicht und schweren Schrittes kämpft sich ein älterer Mann vom Trümmerfeld nach oben zum Bürogebäude. Eine Mitarbeiterin erzählt, dass am Abend zuvor eigentlich alle geweint haben. Ein anderer Mitarbeiter steht am Straßenrand, starrt mit leerem Blick auf das Trümmerfeld und seufzt: „Mei, jetzt war ich 38 Jahre hier.“
Bei all den dramatischen Einzelschicksalen, für die der Großbrand gesorgt hat – Flintsbachs Bürgermeister Stefan Lederwascher kann dem Unglück auch etwas Positives abgewinnen. „Wie die Feuerwehren zusammen- geholfen haben und wieviele Einsatzkräfte da waren. Gut zu wissen, dass unsere Rettungskette funktioniert.“ Und nicht nur das: Auch der Zusammenhalt im Ort stimmt. „Nachbarn haben Tabletts mit Kaffee und Tee vorbeigebracht.“
Für die Gemeinde hat die Firma Rapp-Druck seit Jahrzehnten einen besonderen Stellenwert. Zum einen, weil das Büro im ehemaligen Fischbacher Schulhaus untergebracht ist. „Da hatte meine Mutter damals noch Unterricht“, erzählt Petra Rapp. Zum anderem, weil die Gemeinde dort drucken lässt. Laut Lederwascher unter anderem das Gemeindeblatt, den „Flintsbacher Boten“. „Der war schon fertig und ist verbrannt.“