Sabrina packt es jetzt allein

von Redaktion

OVB-Weihnachtsaktion Wenn Sozialwaisenkinder durchstarten

Neubeuern – Zwischen Chaos und Selbstständigkeit lagen bei Sabrina (Name geändert) vier Jahre. Mit 14 kam sie ins Kerbhaus nach Pinswang, mit 15 zog sie in den neuen Rosenhof daneben, mit 18 musste sie ihren eigenen Weg gehen. Sie hat es gepackt. Sie kommt voran im Leben und im Beruf. Die junge Frau teilt sich mit ihrem Freund eine Wohnung und ihr Chef hält große Stücke auf sie, die als Azubi im Verkauf arbeitet.

Solche Karrieren sind keine Seltenheit bei Jugendlichen und Heranwachsenden, die in Albert-Schweitzer-Kinderdorfhäusern aufgewachsen sind. Die meisten schaffen den Schulabschluss, machen eine Ausbildung und stehen im Berufsleben. Manche werden Eltern und versuchen ihren Kindern das zu geben, was sie im Kinderdorfhaus bekommen haben: Zuwendung und Schutz, Geborgenheit und Aufmerksamkeit, aber auch Ordnungs- und Gemeinschaftssinn.

Für Sabrina waren die Kinderdorfhäuser ein Glücksfall. „Kinder wie Sabrina, die aus schwierigen Verhältnissen zu uns kommen, haben wenig Zeit und schlechtere Bedingungen. Sie müssen in viel weniger Zeit viel mehr auf die Reihe kriegen“, sagen Maren Halle-Krahl und Karin Kendlinger, die mit 16 Kindern im Kerbhaus und im Rosenhof wohnen. Für die beiden „Profi-Mütter“ ist es eine große Herausforderung, die ihnen anvertrauten Kinder selbstständiger zu machen als die eigenen.

Bei der Weihnachtsaktion „OVB-Leser zeigen Herz“ geht es unter anderem darum, zusätzliche Kinderdorfplätze in Pinswang zu schaffen. Ein Zuhaus und ein Anbau sollen ihnen zu mehr Privatsphäre und altersgerechtem Wohnen verhelfen. Welcher 17-Jährige will schon pausenlos von Kleinkindern „umzingelt“ sein?

Lohnt es sich, Spendengelder in so einen Anbau zu stecken? „Ja, natürlich – und viel mehr als das“, sagt Maren Halle-Krahl, die Leiterin der beiden Häuser. Denn viele Buben und Mädchen kommen aus einer Dynastie des Scheiterns: Die Mehrzahl ihrer Eltern sind nicht erwerbstätig.

„Wenn wir es schaffen“, so Halle-Krahl, „diese Kinder ins Tun zu bringen, dann sorgen wir mit unseren Kinderdorfhäusern für eine solidargemeinschaftliche Revolution im positiven Sinn.“ Wenn dann später die eigenen Kinder mit mehr liebevoller Sorgfalt groß gezogen und dadurch erfolgreicher werden, setzt sich das wie ein Schneeballprinzip fort: „Wir begleiten in vielen Jahren schließlich viele zukünftige Steuerzahler, die dadurch wieder den nächsten Kindern helfen.“

Sabrina zeigt das. Aus der Göre von 2014, an der sich Lehrer und Erzieher die Zähne ausbissen, ist eine sympathische und ambitionierte Frau geworden. 2019 will sie den Abschluss ihrer Lehre zur Fachverkäuferin machen – für Sabrina die Eintrittskarte in ein selbstbestimmtes Leben.

An Kinder denkt sie noch nicht. Welche Frau tut das schon mit 18? Aber irgendwann ist es vielleicht so weit. Und wenn es so weit ist, wird Sabrina sicher eine gute Mutter sein und alles daran setzen, dass sich ihre Kinder beschützt und geborgen fühlen, gefördert und gefordert werden. Vielleicht schaut sie dann mit ihren Kleinen ab und zu am Rosenhof vorbei. Nicht nur die Pferde werden sich über ihren Besuch freuen.

Die Betreuer sind immer für die Kinder da – egal was ist

Mit 14 Jahren bin ich ins Kinderhaus Kerb in Neubeuern gekommen und dann in den frisch renovierten Rosenhof nebenan gezogen. Im Rosenhof habe ich mich sofort sehr wohl gefühlt, hatte ein eigenes schönes Zimmer, das ich gemeinsam mit den Betreuern einrichten durfte. Was mir besonders gefallen hat, ist, dass die Betreuer immer für die Kinder da sind, egal was ist. Im Rosenhof leben neun Kinder und jedes muss mithelfen. Ich habe besonders gerne im Pferdestall geholfen, die Pferde strahlen eine große Ruhe aus, wenn man aufgeregt ist. Ich habe meinen Schulabschluss gemacht, danach eine Ausbildung als Fachverkäuferin angefangen. Die Zwischenprüfung habe ich schon erfolgreich bestanden.Liebe Grüße, Sabrina