Traunstein/Altenmarkt – Der 21-Jährige, der Mitte September 2017 seine 53-jährige Mutter in Altenmarkt mit Hammerschlägen getötet und mit seinem besten Freund (20) die Leiche in einem Wald bei Schnaitsee vergraben haben soll (wir berichteten), schweigt in dem Mordprozess der Jugendkammer Traunstein. Weder zu seinem Leben noch zu den Vorwürfen des Staatsanwalts werde er sich äußern, kündigten die Verteidiger an. Der 20-jährige Trostberger hingegen legte gestern ein Geständnis ab und belastete damit den Freund massiv. Die Hauptverhandlung wird am heutigen Mittwoch fortgeführt.
Die Freundschaft zwischen den Angeklagten ging über eine reine Schulfreundschaft weit hinaus. Das wurde anhand der Aussage des 20-Jährigen deutlich. Beide Männer haben Abitur, überlegten, gemeinsam zu studieren. Der Jüngere schätzte an dem 21-Jährigen dessen Lebenslust, Durchsetzungskraft und Entschlossenheit – Eigenschaften, die er selbst nicht hatte. Man habe zeitweise keinen Kontakt gehabt, dann wieder eine gute Beziehung gepflegt. Den Kontakt mit der Mutter des Freundes habe er vermieden – obwohl sie „eigentlich sehr nett“ gewesen sei. Gleichzeitig hatte er das Gefühl, von der 53-Jährigen abgelehnt zu werden, schilderte der 20-Jährige mit stockender Stimme. Der Freund habe manchmal von Schwierigkeiten mit der Mutter berichtet.
Der Hauptangeklagte wirkte gestern ruhig, nur seine Wangen waren gerötet. Das umfassende Geständnis des 20-Jährigen, das sich mit der Anklage von Staatsanwalt Markus Andrä deckte, verfolgte der 21-Jährige mit zumeist gesenktem Blick.
Der Jüngere hatte am 15. September 2017, einem Freitag, in Trostberg zu Hause gearbeitet. Er erinnerte sich, gegen 15 Uhr seien mehrere kurze „Messages“ des 21-Jährigen eingetroffen, er solle sofort zu ihm kommen. Einen Grund habe er nicht genannt. Nach etwa einer Stunde fuhr der 20-Jährige nach Altenmarkt. Sichtlich betroffen und unter Tränen zitierte er gestern den Freund: „Ich hab sie umgebracht.“ Das wollte der Jüngere erst nicht glauben. Im Wohnzimmer lagen hellblaue Plastiksäcke, unter denen Beine hervorragten. Gehört habe er Geräusche „wie ein langsames Blubbern“. Den Notarzt zu rufen, lehnte der 21-Jährige damals ab. Dazu sei es „zu spät“, habe der Sohn gemeint. Der 20-Jährige fuhr fort, er wisse noch, dass man gemeinsam in den Keller gegangen sei, warum, könne er nicht sagen. Dort fragte der 21-Jährige: „Was sollen wir tun?“ Er habe den Freund „nicht verlieren wollen“ und deshalb nichts unternommen, so der sichtlich um Fassung ringende 20-Jährige. Er meinte auf Nachhaken der Kammer, er habe „Angst vor der Toten und Angst vor dem Freund“ gehabt.
Etwa eine Stunde später sei man zurück ins Wohnzimmer gegangen. Der 21-Jährige habe Klebebandrollen bereit gelegt, gebeten, Stücke abzuschneiden und auf die Plastiksäcke geklebt. Mit einer Leiter schafften die Männer die Leiche bei Dunkelheit zum Auto des 21-Jährigen. Anschließend fuhren sie durch den nördlichen Landkreis Traunstein auf der Suche nach einer geeigneten Stelle zum Vergraben. Schließlich entschieden sie sich für das Waldstück bei Schnaitsee. Einer leuchtete jeweils, während man abwechselnd eine Grube aushob.
Als die Getötete vergraben war, kehrten die Angeklagten zurück in die Wohnung und reinigten am nächsten Vormittag den Tatort. Laut Aussage des 20-Jährigen riet der Vater des 21-Jährigen, angesichts der „verschwundenen Mutter“ die Polizei zu verständigen. Eine große Suchaktion startete, verlief aber ergebnislos. Neun Wochen später, am 22. November 2017, stießen im Wald spielende Kinder zufällig auf die Leiche, deren Hand aus dem Boden ragte. Am nächsten Tag klickten für den Sohn die Handschellen. Ihm liegt im Hauptvorwurf Mord aus Heimtücke und niederen Beweggründen zur Last. Der 20-Jährige blieb auf freiem Fuß, muss sich wegen Strafvereitelung und unterlassener Hilfeleistung verantworten.
Eineinhalb Tage lang hatte juristischer Hickhack den Prozess bestimmt. Die Verteidiger des 21-Jährigen setzten letztlich den Ausschluss der Öffentlichkeit durch – weil schützenswerte Belange ihrer Mandanten angesprochen würden. Sechs Medienvertreter wurden – gegen den Widerstand der Anwälte – zur Berichterstattung zugelassen. Auch ein Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Dr. Klaus Weidmann wurde als unbegründet zurückgewiesen.