Kiefersfelden – Er sei nur eben zur Fischzucht im Mühltal gefahren und habe dort die Pfandflaschen holen wollen, erzählt ein Augenzeuge. Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. An der Fischzucht fiel dem Mann gegen 10.30 Uhr eine Rauchsäule auf, die in rund 800 Metern Entfernung im Bereich der Ramsauer Alm kurz unterhalb des Schwarzenberg-Gipfels gen Himmel stieg. „Ich habe gar nicht erst versucht, die Polizei zu rufen“, erzählt er. Schließlich habe man da, auf rund 1200 Metern Höhe, ohnehin keinen Empfang. Stattdessen machte er sich auf den Weg ins Tal. Dort traf er zufällig auf Mitarbeiter der Gemeinde, die schließlich den Notruf absetzten. Zu diesem Zeitpunkt waren schon mehrere Meldungen eingegangen. Als der Augenzeuge wenig später mit Getränken zur Fischzucht zurückkehrte – dort soll am Wochenende ein Ferienprogramm für Kinder stattfinden –, war die Feuerwehr bereits vor Ort.
Brandherd liegt an steilem Berghang
Wie die Polizeiinspektion Kiefersfelden mitteilt, hatte in der Zwischenzeit eine Streife ein offenes Feuer und starke Rauchentwicklung festgestellt. Der Brandherd liegt laut Polizeiangaben an einem zu Fuß unzugänglichen, steilen bewaldeten Berghang. Zu diesem Zeitpunkt war demnach ein Gebiet von mindestens 30 auf 70 Meter betroffen. „Ich kenne das Stück, ich bin da oft zum Schwammerl suchen“, erzählt der Augenzeuge. „Davon habe ich mich aber immer ferngehalten. Da ist es wirklich wahnsinnig steil.“
Die Konsequenz: Die Löscharbeiten mussten aus der Luft erfolgen – auch weil die Winde, laut dem Rosenheimer Landratsamt so unberechenbar seien, dass Einsatzkräfte nicht nahe des Brandherds eingesetzt werden können. Sie näherten sich dem Feuer auf der Straße, um ein Übergreifen der Flammen auf die Ramsauer Alm zu verhindern.
Zur Brandbekämpfung wurde die Hubschrauberstaffel der Polizei alarmiert. Gegen 15 Uhr, das geht aus einer Vorab-Pressemitteilung der Polizei hervor, waren vier Hubschrauber, 135 Feuerwehrleute und 30 Bergwachtler vor Ort. Letztere sorgten demnach gemeinsam mit der Polizei für die vorsorgliche Evakuierung der Ramsauer Alm, die Luftlinie etwa 300 Meter entfernt vom Brandherd steht.
Die Evakuierung konnte Alm-Wirt Josef Gruber gestern gegen 16 Uhr nicht bestätigen. „Die Alm ist momentan nicht in Gefahr“, sagt er im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen. Das hätten ihm Feuerwehrleute versichert. Gruber bemerkte die Rauchentwicklung bereits um 10 Uhr morgens bei seiner Ankunft an der Alm. Er hat den ersten Notruf abgesetzt. „Inzwischen sind wir komplett eingenebelt.“
Die Ramsauer Alm, so schilderte es der Wirt, diente den Einsatzkräften als eine Art Zentrale. „Feuerwehrler und Polizisten sind an der Alm. Momentan sind nur die Hubschrauber ununterbrochen unterwegs.“ Das Wasser für die Löschflüge stammt aus der Mühlau, einem Bach. Von dort wird das Wasser durch die Feuerwehr in die Löschbehälter gepumpt, die unten an den Helikoptern befestigt sind.
Das scheint aber nicht auszureichen. „Die Einsatzkräfte kriegen das Feuer nicht in den Griff. Die Behälter an den Hubschraubern sind zu klein.“ Deswegen wurde ein Helikopter der Bundespolizei angefordert. Dessen Ankunft verzögerte sich aber nach unbestätigten Informationen wegen Problemen beim Start. Um 16.03 Uhr rief das Landratsamt den Katastrophenfall aus.
Gegen 18 Uhr teilt das Landratsamt mit, dass die Ramsauer Alm mittlerweile evakuiert wurde. Die Größe des Brandherds ließe sich aufgrund der schwierigen Verhältnisse vor Ort und der Rauchentwicklung zwar nur schätzen. Man gehe aber von einer Fläche von 200 auf 300 Meter aus. Im Einsatz sind zu diesem Zeitpunkt rund 200 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst und Bergwacht sowie vier Hubschrauber der Landespolizei, einer der Bundespolizei, einer des privaten Rettungsdienstes MHW und einer aus Tirol. Zwei weitere Helikopter aus Tirol befinden sich laut Angaben des Landratsamtes im Anflug. Zur Versorgung der Hubschrauber sind weitere Flughelfer aus Bad Tölz angefordert.
Kurz vor 19 Uhr ist das Feuer noch immer nicht unter Kontrolle. Wie das Landratsamt mitteilt, breiten sich die Flammen angefacht von einem böigen Wind weiter aus. Inzwischen sind acht Hubschrauber im Einsatz, deren Außenbehälter zwischen 900 und 4000 Litern fassen. Ein neunter ist im Anflug. Die Flughelfer aus Bad Tölz sind inzwischen eingetroffen.
Hubschrauber blieben in der Nacht am Boden
Gegen 21.15 Uhr teilt das Landratsamt mit, dass die mittlerweile neun Hubschrauber ihre Löscharbeiten mit Einbruch der Dunkelheit bis zum heutigen Morgen einstellen. Ein Hubschrauber mit Nachtsichtgerät bleibe zur Überwachung vor Ort, die Bergwacht stelle zusätzlich eine Drohne zur Verfügung. Die Zahl der Einsatzkräfte vor Ort ist inzwischen auf 250 angewachsen. Feuerwehrkräfte nässen den Boden, um ein Übergreifen der Flammen auf die Alm zu verhindern. Der Brandherd hat sich indes ausgebreitet. Schätzungen des Kreisbrandrats Richard Schrank zufolge, der das Gebiet bei einem Überflug begutachtet hat, dürfte es das Feuer auf eine Breite zwischen 300 und 400 Meter bringen. Die Länge habe er aus der Luft nicht einschätzen können. Bis Redaktionsschluss konnten die Einsatzkräfte vor Ort keine Entwarnung geben.