Sting und Shaggy beim Rosenheimer Sommerfestival

„Englishman“ trifft „Mr. Boombastic“

von Redaktion

Ob das gut gehen würde? Sting, britischer Weltstar mit zahllosen Erfolgstiteln, ein Musiker, der sich seit „The Police“ immer wieder neu erfunden hat, und Shaggy, der knallbunte Paradiesvogel aus Jamaika mit seinen testosterongesättigten Partykrachern? Der „Englishman“ und „Mista Lova Lova“ gemeinsam auf einer Bühne? Es ging gut – und mehr als das: 9000 Fans erlebten ein wahrlich wunderbares Konzert.

Rosenheim – Spätestens, als es in einem der ersten Songs hieß „I‘m a Jamaicaman in New York“, ist klar, dass es auf der Bühne funktionieren wird, dieses so gegensätzliche Paar. Hier Sting: 66 Jahre alt soll er angeblich sein – doch es präsentiert sich ein altersloser Künstler – schlank wie eh und je und mit einer Stimme, die in seiner 40-jährigen Karriere nichts von ihrer Kraft, ihrer Unverwechselbarkeit und ihrer Intensität eingebüßt hat. Die asketische Gestalt, in T-Shirt und Trainingshose an seinem uralten E-Bass zupfend, verlässt kaum den einen Quadratmeter hinter dem Mikro. Da Shaggy: angetan mit Strohhut, gülden schimmernder Jacke, Sonnenbrille und fettem Goldarmband, dem man die Feierlaune auch deutlich an der Figur ansehen kann und der unentwegt auf der Bühne den Animateur gibt. Hier der musikalische Feingeist mit Dutzenden von Hits in unterschiedlichsten Stilrichtungen. Da der Sänger, der Reggae zum Partykracher macht und dessen Erfolgstitel sich an einer Hand abzählen lassen.

„Roxanne“ und
„Mr. Boombastic“

Doch musikalisch ergänzen sich die beiden überraschenderweise ganz wunderbar. Wer hätte gedacht, dass „We‘ll be together“ sich mit „Oh Carolina“ zu einem übergangslosen Stück verschmelzen lässt und „So Lonely“ bruchlos zu „Strength of a Woman“ passt? Sting setzt mit dem unsterblichen Police-Hit „Roxanne“ ein, Shaggy übernimmt mit seinem Super-Hit „Boombastic“ bevor Sting die Medley-Nummer wieder mit „Roxanne“ zu Ende bringt. Das Publikum feiert glücklich mit – und Shaggy tanzt als unentwegter Einheizer die Bühne auf und ab. „Are you ready for party“, röhrt er dem Publikum entgegen, das jubelnd und johlend antwortet. Und eines kann man Mr. Lova Lova wahrlich nicht absprechen: Da steht die Lässigkeit in Person auf der Bühne.

Zwischendurch geben die beiden eine Nummer aus ihrem neuen gemeinsamen Album „44/876“, benannt nach den Telefonvorwahlen ihrer beider Heimatstaaten: Für den Song „Crooked Tree“ mimt Shaggy, angetan mit weißer Perücke und schwarzem Rock, holzhammerschwingend den strengen Richter, während sich Sting mit schwarz-weiß gestreiftem Pullover in einen gar nicht reuigen Strafgefangenen verwandelt. Doch dann geht es wieder weiter im Programm mit seiner unwiderstehlichen Mischung aus alten Police-Nummern und Sting-Hits, in die Shaggy immer wieder mit tiefem Bass Reggae-Elemente einstreut. Mit „Every Breath You Take“ steuert das Konzert schließlich auf seinen Höhepunkt zu.

Zwei, die

sich verstehen

Es ist Musik, die dem Publikum Spaß macht. Das Schöne ist, dass ganz offensichtlich auch die beiden Protagonisten auf der Bühne an diesem einzigartigen Mix ihren Spaß haben. Da stehen zwei auf der Rampe, die sich verstehen – nicht nur musikalisch. Einmal legt Shaggy Sting den Arm auf die Schulter, eine vertrauliche Geste wie unter Freunden. Unterstützt werden sie von einer Riege erstklassiger Musiker und Background-Sänger.

Als Zugabe feiert das Publikum das energetische „Desert Rose“ und da passt die orientalisch anmutende Percussion bruchlos zur hochmusikalischen Synthese aus Pop und Reggae. Dann greift Sting zur Gitarre und begleitet sich allein, um für Shaggy „Jamaica Farewell“ zu singen, eine Nummer, die Harry Belafonte weltberühmt gemacht hat. Den Schlusspunkt setzen Sting und Shaggy dann wieder gemeinsam mit einer berührenden Interpretation des alten Sting-Hits „Fragile“, erneut nur von Sting an der Gitarre begleitet. Über 30 Jahre hat der Song auf dem Buckel – und schafft es immer noch mühelos, 9000 Besucher in seinen Bann zu ziehen – ein magischer Ausklang für einen magischen Abend.

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