Traunstein/Rosenheim – Ein Schaden von 100000 Euro durch eine Verpuffung in einem Doppelhaus in Rosenheim-Happing soll auf Brandstiftung durch die Mieterinnen, eine 54-Jährige und ihre 76 Jahre alte Mutter, zurückgehen. Vor der Ersten Strafkammer am Landgericht Traunstein rangen die Prozessbeteiligten gestern stundenlang um einen Kompromiss zur Strafhöhe, der den Angeklagten die sofortige Entlassung aus der seit Juli 2016 andauernden Untersuchungshaft ermöglicht hätte. Die Kammer mit Vorsitzendem Richter Dr. Klaus Weidmann, Staatsanwalt Dr. Oliver Mößner sowie die Verteidiger Dr. Hermann Borchert und Dr. Adam Ahmed aus München hatten bereits Zustimmung signalisiert, als beide Frauen gestern Mittag Rückzieher machten.
Wie berichtet, entzündeten sich im Juli 2016 Benzindämpfe, es kam zur Explosion. Die Mieterinnen wurden mit der Drehleiter vom Balkon geholt. Feuerwehrleute löschten viele kleinere Brände, die offenbar absichtlich gelegt worden waren. Das Haus wurde unbewohnbar durch Ruß und Löschwasser. Alle Indizien führten die Ermittler zu Mutter und Tochter.
Richter Weidmann fasste gestern das bisherige Beweisergebnis zusammen, das auf Tochter und Mutter als Täterinnen deute. Ein Fremdverschulden sei ebenso auszuschließen wie eine technische Ursache.
Weidmann berichtete zudem aus dem Rechtsgespräch vom vorherigen Verhandlungstag. Die Verteidiger hätten informiert, ihre Mandantinnen seien bereit, ein Geständnis abzulegen. Dabei sei die Tochter als Haupttäterin, die Mutter als Beihelferin einzustufen. Der Staatsanwalt habe über eine pauschale Verteidigererklärung hinaus qualifizierte Geständnisse gefordert. „Nicht nur ein Formalgeständnis, sondern ein paar Sätze mehr“, hätten der Kammer gereicht. Ohne Geständnisse gehe das Gericht von fehlender Einsicht aus. Die Folge: keine Strafmilderung, kein Grund, die Haftbefehle aufzuheben.
Der Kompromissvorschlag des Gerichts sah eine Freiheitsstrafe zwischen 30 und 39 Monaten für die 54-Jährige, für die 76-Jährige zwischen 27 und 33 Monaten vor. Unter Anrechnung der Untersuchungshaft könnten die Strafreste wahrscheinlich zur Bewährung ausgesetzt, die Haftbefehle sofort aufgehoben werden. Alle Prozessbeteiligten trugen diesen Vorschlag mit – bis auf die beiden Frauen. Die 76-Jährige sagte lakonisch: „Kein Geständnis, nichts.“ Die Tochter schloss sich an: „Auch ich stimme nicht zu.“
Die 54-Jährige versuchte erneut, ihren Pflichtverteidiger, den sie im vorausgehenden Prozess als ihren Lieblingsanwalt erkoren hatte, loszuwerden. In der ersten Hauptverhandlung war die 54-Jährige zu viereinhalb Jahren, die Seniorin zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Aufgrund der Revision der beiden hob der Bundesgerichtshof die Entscheidung auf und ordnete eine neue Verhandlung vor einer anderen Kammer an. Der Prozess wird am 9. Juli fortgesetzt. kd