Rosenheim/Bruckmühl – Zwölf Mobiltelefone und ein Paar Kopfhörer soll ein 21-Jähriger aus Bruckmühl im Zeitraum zwischen 22. und 29. Juni 2016 über die Internet-Plattform Ebay-Kleinanzeigen verkauft haben – die Samsung-Galaxy-Geräte jeweils für 100 bis 135 Euro, die Kopfhörer für 35 Euro. Das Besondere: Der Mann hatte keinen der genannten Gegenstände je besessen. Diesen Vorwurf sah das Jugendschöffengericht als erwiesen an und verurteilte den Bruckmühler wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 13 Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe von 10 Monaten auf Bewährung und neun Tagen gemeinnütziger Arbeit.
Die Ermittlungen hatten ergeben, dass die entsprechenden Beträge kurz nach Zahlungseingang vom Konto des Angeklagten wieder abgehoben wurden. Der Angeklagte wollte davon allerdings nichts wissen. Er gab an, zu diesem Zeitpunkt bei einem Freund gewohnt zu haben. Der habe freien Zugang zu seinem Computer und auch zu seiner Bankkarte und seiner Pin gehabt. Beide seien arbeitslos gewesen und er habe meist bis Mittag geschlafen. Weil er kein Geld gehabt habe, habe er sein I-Pad verkauft und wohl vergessen, sich aus seinem Ebay-Konto auszuloggen. Seinen Kontostand bei der Bank habe er sich nicht angesehen, weil er keine Zahlungseingänge erwartet habe. Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, habe er sich Bargeld von seinem Vater geliehen.
Richterin findet:
„Zu viele Zufälle“
Der 33-jährige Spezl, der den Angeklagten in seinem Ein-Zimmer-Appartement aufgenommen hatte, räumte zwar ein, schon aufgrund der beengten Platzverhältnisse Zugang zu den Sachen des Angeklagten gehabt und auch dessen Vertragshandy kurzzeitig benutzt zu haben – Passworte oder Pin seines damaligen Mitbewohners habe er nicht gekannt. Er konnte sich nicht erklären, warum der ehemalige Arbeitskollege, den er vorübergehend aufgenommen hatte, ihn beschuldigte. Eines Tages sei der Angeklagte dann aus der Wohnung verschwunden, woraufhin er ihn nie wieder gesehen habe.
„Es ist nicht unmöglich, aber sowas von unwahrscheinlich“, beurteilte der Sachbearbeiter der Polizei in Bad Aibling die Version des Angeklagten. Darauf habe er den 21-jährigen bei der Vernehmung wiederholt hingewiesen und ihm auch zu verstehen gegeben, dass der sich wegen falscher Verdächtigung strafbar machen könne. Doch der Bruckmühler sei bei seiner Behauptung geblieben.
Augenfällig sei gewesen, dass das Geld jedes Mal schon sehr kurz nach Kontoeingang wieder abgeholt worden sei. Dazu hätte der Freund über die jeweilige Kontobewegung informiert sein müssen. Anschließend hätte er die Bankkarte entwenden, das Geld abheben und die Karte wieder zurückgeben müssen.
Die Anklagevertretung schenkte der Darstellung des Angeklagten vor Gericht ohnehin wenig Glauben, zumal es deutliche Abweichungen zur polizeilichen Vernehmung gegeben habe. Der Angeklagte habe innerhalb einer Woche einen nicht unerheblichen Schaden in Höhe von 1300 Euro angerichtet und auch keinerlei Einsicht gezeigt. Deshalb beantragte die Staatsanwaltschaft eine Einheitsjugendstrafe von einem Jahr zur Bewährung, einwöchigen Warnschussarrest und die Einziehung des ergaunerten Betrags.
Das Jugendschöffengericht blieb mit dem Strafmaß darunter, hatte aber keine Zweifel am Tatbestand. Es hätten keine objektiven Umstände dafür gesprochen, dass der Angeklagte unschuldig sei, hieß es in der Urteilsbegründung von Richterin Verena Köstner: „Zu viele Zufälle“. Der gesunde Menschenverstand spreche dagegen, dass die Taten ohne Zutun des Angeklagten ausgeführt worden seien.
Der Schadensbetrag wird eingezogen.