350 Jahre Rundkirche Westerndorf

„Barocke Rarität ersten Ranges“

von Redaktion

Sie ist das wohl außergewöhnlichste Gotteshaus in der Region Rosenheim: die Rundkirche von Westerndorf am Wasen. Pioniere im Glauben legten vor 350 Jahren den Grundstein für das Gebäude, das eine majestätische Kuppel krönt. Für das Jubiläum seines Wahrzeichens ist das ganze Dorf auf den Beinen. Zum Höhepunkt, dem Festwochenende, kommt der Weihbischof.

Rosenheim – Heute ist es kaum vorstellbar, wie damals die Erbauer die einzigartige Dachkonstruktion ganz ohne Kran, ohne schweres Gerät und ohne Strom vor 350 Jahren fertigstellten. Fest steht, dass ihnen ein Kunstwerk gelungen ist, das seinesgleichen sucht und noch 350 Jahre später bei den Menschen für Staunen sorgt.

Die Rundkirche St. Johann Baptist-Heilig Kreuz von Westerndorf am Wasen ist weit über die Grenzen von Stadt und Landkreis Rosenheim hinaus bekannt. Historiker bezeichnen sie als barockes Juwel, der Hausherr, Domkapitular Dekan Pfarrer Daniel Reichel, als Kirche mit vielen Superlativen. Autofahrer, die auf der Durchreise sind, bleiben beim Anblick der Kirche häufig am Straßenrand stehen. Radfahrer legen fast schon obligatorisch einen Stopp ein.

Aber auch Einheimische, welche die Kirche teils seit Jahrzehnten kennen und bis zu mehreren Hundert Messen und Andachten besucht haben, entdecken immer wieder neue Details. Denn das Innere des Gotteshauses ist ein Kunstwerk aus einer besonderen Zeit. Drei Altäre mit lebensgroßen Heiligenfiguren, der scheinbar unendliche Stuck, detailreiche Verzierungen und kräftige Farben sorgen dafür, dass sich Besucher nicht sattsehen.

„Immer wenn ich aus Pang herausfahre und mir die Kirche mit ihrem imposanten Zwiebelturm vor der Bergkulisse in den Blick kommt, geht mir mein Herz auf“, sagt Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer. Westerndorf am Wasen sei älter als die Rosenheimer Kernstadt und habe sich seinen ländlichen Charakter mit dem klassischen Ensemble aus Bauernhöfen, Dorfweiher, Feuerwehr- und Gasthaus sowie einer Kirche bis heute bewahrt.

„Besonders ist, dass hier – nur eine Generation nach dem Dreißigjährigen Krieg – ein so außergewöhnliches Gotteshaus entstand, das ein echtes Juwel des südbayerischen Barock in seiner ursprünglichen Form ist“, schwärmt die Stadtchefin. Das Bauwerk sei ein beeindruckendes Zeichen des gelebten christlichen Glaubens in Rosenheim und in seiner architektonischen Rarität ein kunst- und kulturgeschichtlicher Anziehungspunkt ersten Ranges.

Entsprechend ehrwürdig begehen die Gläubigen den 350. Geburtstag der Kirche. Bereits im November war der Startschuss für das Jubiläumsjahr gefallen, bei dem Dr. Evelyn Frick, Hans Demberger und Klaus G. Förg ihr Werk „Westerndorf am Wasen“ vorstellten. Seitdem helfen viele Bewohner zusammen. Sie packen an, planen und bereiten vor. Die Koordination hat ein Festausschuss übernommen. Vertreter von Ortsgemeinde, Pfarrgemeinderat, Kirchenverwaltung und Stadtrat ziehen an einem Strang. Zum Festwochenende hat sich Weihbischof Wolfgang Bischof aus München angekündigt.

Andreas Gartner aus Westerndorf, Frank Buys aus Nicklheim und Werner Schrott aus Pang – zwei Schreiner und ein ehemaliger Schlosser – bauen seit mehr als zwei Jahren an einem Modell der Rundkirche. Im Maßstab 1:20 tüfteln sie mit großer Liebe zum Detail an Kirche, Turm und Friedhof. „Nicht jeden Tag, aber immer, wenn Zeit ist, werkeln wir daran“, so Buys.

Das Ergebnis ist verblüffend. Nichts haben die Handwerker dem Zufall überlassen. Jede einzelne Dachschindel für die große Kuppel und ihre kleine Schwester auf dem Kirchturm haben sie maßstabsgetreu aufgeklebt. Die Proportionen entsprechen genau dem 1668 erbauten Vorbild. Jedes noch so vergleichsweise kleine Fenster befindet sich exakt dort, wo es auch in Wirklichkeit seit 350 Jahren seinen Platz hat. Nun freut sich das Trio auf den Tag, wenn Rosserer Georg Gilg aus Schlipfham das von seinem Gespann gezogene Modell beim Festzug am 24. Juni erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

Das Festwochenende läutet die Plattlergruppe am Freitag, 22. Juni, 19 Uhr, mit einem Johannifeuer beim Anwesen „Moar am Berg“ ein. Am Sonntag, 24. Juni, ist um 10 Uhr der Festgottesdienst mit Weihbischof Bischof, Domkapitular Dekan Reichel und vielen Ehrengästen. Anschließend folgt ein Festzug. Beim „Moar“ gibt es ein Mittagessen, Kaffee und Kuchen, Musik von der Blaskapelle „Am Wasen“ sowie eine Ausstellung. Heimatforscher Hans Demberger bietet Kirchenführungen an.

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