Rosenheim/Bad Aibling – Knapp drei Stunden nahm sich das Gremium im Bad Aiblinger Kurhaus Zeit, um das von Kreiskämmerer Marcus Edtbauer und seinem Team erstellte Zahlenwerk zu bewerten. Trotz der aus Sicht des Landkreises erfreulichen Botschaft, dass er dank der Finanzkraft der Gemeinden rund 7,9 Millionen Euro mehr Kreisumlage als im Vorjahr einnimmt, hielt sich Landrat Wolfgang Berthaler (CSU) mit Euphorie in seiner Haushaltsrede zurück. Auch deshalb, weil durch die 1,5-prozentige Erhöhung der Bezirksumlage von diesem Zuwachs nur rund eine halbe Million Euro in der Kreiskasse bleibt. Die restlichen 7,4 Millionen Euro gehen an den Bezirk, der die zusätzlichen Einnahmen vor allem zur Deckung von Mehrausgaben im Bereich der ambulanten Pflege und bei der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge braucht. Feststellung des Landrats: „Wir stehen nicht besser da als im Vorjahr, eher schlechter.“
Schulden
werden getilgt
Dennoch blieben dem Landkreis Gestaltungsspielräume, betonte Berthaler. 39,5 Millionen Euro an Investitionen sind für das nächste Jahr vorgesehen. Ein Großteil des Geldes fließt in die Kreiskliniken, den Schulbereich und den Straßenbau. Wichtig ist Berthaler auch der Schuldenabbau, und da verwies er durchaus auf Erfolge. Zu Beginn seiner Amtszeit habe der Schuldenstand des Landkreises 106 Millionen Euro betragen, Ende dieses Jahres werde er bei etwa 87 Millionen Euro liegen. Und für 2018 strebe der Landkreis eine weitere Tilgung im Bereich zwischen vier und sechs Millionen Euro an. „Darauf dürfen wir stolz sein. Wir müssen in der jetzigen Zeit aber weiter daran arbeiten, unseren Kindern so wenig Schulden wie möglich zu hinterlassen“, sagte der Landrat.
Dass der Landkreis trotz seiner Konsolidierungspolitik hinter Miesbach dennoch weiterhin der am zweithöchsten verschuldete in Oberbayern ist, stört CSU-Fraktionssprecher Felix Schwaller nicht. „Wir stehen gut da. Der Landkreis investiert viel, nur ein Bruchteil davon wird fremdfinanziert“, so Schwaller. Die aktuelle Verschuldung „bezeichnete er als maßvoll und richtig“. Vergleiche mit anderen Landkreisen hinkten immer ein wenig. „Wenn die weniger Schulden haben als wir und dafür nicht so viel investieren, dann sind das auch irgendwie Schulden.“ Seitens der CSU-Fraktion signalisierte das Bad Aiblinger Stadtoberhaupt jedenfalls „uneingeschränkte Zustimmung“.
Mitgetragen wird der Etat auch von Bündnis 90/Die Grünen. Dr. Susanne Kustermann sprach in ihrer Haushaltsrede von einer „soliden Haushaltslage“, die dem Landkreis die Möglichkeit biete, die anstehenden Aufgaben zu erfüllen und trotz Erhöhung der Bezirksumlage die Kreisumlage stabil bei 47 Prozent zu halten. Aufgrund des „noch extrem hohen Schuldendienstes“ müsse die Verringerung der Verbindlichkeiten konsequent weiterverfolgt werden. Ihre Fraktion vermisse im Haushalt allerdings unter anderem „entschiedene Investitionen“ in den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und im Bereich des Müll-Managements.
Auch für SPD-Fraktionssprecherin Alexandra Burgmaier ist die Mittelausstattung für den ÖPNV „absolut unzureichend“. Ein wichtiges Thema für die SPD sei auch die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Burgmaier begrüßte, dass die landkreiseigene Wohnbaugesellschaft – nicht zuletzt auf Druck ihrer Fraktion – „endlich zu agieren begonnen hat“. Ihre Fraktion stimme dem Haushalt zu, „auch wenn wir unsere Hausaufgaben bei Weitem noch nicht überall gemacht haben“.
Dieter Kannengießer verwies als Vertreter der Parteiunabhängigen darauf, dass der mittelfristige Schuldenabbau des Landkreises vor allem der Finanzkraft der Gemeinden zu verdanken sei. „Das ist eine enorme Leistung und keine Selbstverständlichkeit.“ Die Gemeinden zahlten über die Kreisumlage darüber hinaus die Zeche dafür, dass der Bezirk seine Umlage, die die Landkreise zu entrichten haben, kräftig erhöht habe. Mit Gesamtrücklagen von 20,4 Millionen Euro verfüge der Landkreis dennoch über ein „variables Polster für künftige Investitionen“, das stattlich sei. Schließlich betrage die Mindestrücklage nur 3,2 Millionen Euro.
Wohl auch deshalb, weil er selbst als Bezirksrat aktiv ist, nahm Fraktionssprecher Sepp Hofer von den Freien Wählern den Bezirk in seiner Haushaltsrede ausdrücklich in Schutz. Er sei mit ständig steigenden Zahlen an Hilfsbedürftigen und zusätzlichen Aufgaben konfrontiert. Deshalb habe er in den vergangenen beiden Jahren sein Sparschwein geschlachtet. „Beim Haushalt 2018 stehen wir zum ersten Mal vor den Scherben dieses Sparschweins.“ Hofer gab zu bedenken, dass auch der Landkreis Rosenheim von den Einrichtungen und Angeboten des Bezirks profitiere. Im Jahr 2016 seien beispielsweise 59 Millionen Euro vom Bezirk in den Landkreis geflossen. Den Kreishaushalt für 2018 sieht Hofer „ganz schön auf Kante genäht.“ Noch sorge ein wirtschaftlicher Boom für sprudelnde Einnahmequellen, dennoch warnte Hofer. „Ich möchte zu bedenken geben, dass sich ein Boom zwar gut anfühlt, aber auch immer einen Keim der Krise in sich trägt.“ Letztlich stimmten auch die Freien Wähler dem Etat zu.
Kritik an den
Persnalkosten
Sepp Lausch (Bayernpartei) lehnte den vorliegenden Haushalt ab. In Zeiten hoher Einnahmen ist ihm eine Schuldentilgung von rund vier Millionen Euro „schlichtweg zu wenig ehrgeizig“. Noch dazu vor dem Hintergrund, dass der Landkreis zur Projetfinanzierung drei Millionen Euro aus den Rücklagen entnimmt. Lausch kritisierte zudem, dass sich die Personalkosten des Landkreises in den vergangenen zehn Jahren drastisch erhöht hätten.
Abgelehnt wurde das Zahlenwerk auch von der ÖDP. Ihr Sprecher Josef Fortner begründete das Nein unter anderem damit, dass angesichts der hohen Verschuldung des Landkreises der niedrige Satz der Kreisumlage, die die Gemeinden zu entrichten hätten, nicht zu akzeptieren sei. Peter Staudenhöchtl (Republikaner) sprach dagegen von einem „verantwortungsbewusst gestalteten Haushalt, der solide und zukunftsorientiert ist.“