Rosenheim – Ein Zuschuss von 35 bis 40 Euro pro Baby und eine jährliche Finanzspritze von maximal einer Million Euro, die zum Ausgleich des Defizits verwendet werden kann, das eine Geburtshilfeabteilung verursacht: Das klingt auch für den Landkreis Rosenheim verlockend. Hatte sich der Kreisausschuss zunächst nichtöffentlich mit der Thematik befasst, debattierte der Kreistag auf Druck aus den eigenen Reihen öffentlich darüber. Am Ende stand eine klare Botschaft an die beiden Landtagsabgeordneten Otto Lederer und Klaus Stöttner. Sie sollen bei der Staatsregierung vorstellig werden und eine Modifizierung des kürzlich vom Kabinett beschlossenen Förderprogramms erreichen, die auch dem Landkreis Rosenheim die Möglichkeit eröffnet, in den Genuss von Mitteln aus diesem Topf zu kommen.
Dieser ist mit jährlich 30 Millionen Euro bestückt, wie Lederer im Kreistag berichtete. Er versprach, zusammen mit Stöttner „nachzuhaken“. Freilich warb der CSU-Parlamentarier auch um Verständnis für die Position der Staatsregierung. „Die muss die Situation der Geburtshilfe in ganz Bayern im Auge behalten. Und da gibt es Regionen, in denen es um diesen Zweig viel schlimmer bestellt ist als bei uns.“ Der Erhalt der Abteilung in Bad Aibling wäre schön gewesen. „Leider ist uns das nicht gelungen“, räumte Lederer ein. Jetzt müsse man das Augenmerk auf den Fortbestand dieses Angebotes im Krankenhaus Wasserburg legen.
Da befand er sich nicht nur mit Landrat Wolfgang Berthaler (CSU) im Einklang, der nochmals beteuerte, dass die Schließung der Abteilung in Bad Aibling ausschließlich auf die Tatsache zurückzuführen sei, dass man nicht genügend Personal bekommen habe. Der Weiterbetrieb der Geburtshilfe in Wasserburg könnte laut Berthaler ins Wanken geraten, wenn dort der Chefarzt der Gynäkologie in Ruhestand geht.
Mit diesem Gedanken will sich die SPD-Kreistagsfraktion auf keinen Fall anfreunden. Deren Sprecherin Alexandra Burgmaier nannte die Schließung der Geburtshilfe in Bad Aibling eine „schmerzliche Kerbe“ und kündigte massiven Widerstand an, wenn der Fortbestand dieser Fachrichtung an der Klinik in Wasserburg ernsthaft bedroht sein sollte. „Bei Wasserburg verstehen wir keinen Spaß. Hier muss die Geburtshilfe bleiben“, ließ sie keinen Zweifel an der Haltung der SPD. Ebenso wie Berthaler und die anderen Fraktionen im Kreistag plädierte sie außerdem klar für den Erhalt aller vier Klinikstandorte in der Stadt und im Landkreis.
„Persönlich glaube ich nicht, dass Rosenheim 600 Geburten aus Bad Aibling auffängt“, äußerte sich stellvertretender Landrat Dieter Kannengießer erneut kritisch zur Schließung dieser Abteilung am Krankenhaus in der Kurstadt. Die Erhaltung aller Kreiskliniken sieht er als „ein Kernstück unserer Daseinsvorsorge“. Das Aus für die Geburtshilfe in Bad Aibling ist für ihn nicht nur der Beweis für das Fehlen einer vorausschauenden Personalpolitik. Es zeige auch, dass die Bundespolitik dem Zentralismus Vorrang einräume. Für Sepp Lausch (Bayernpartei) erschließt sich noch nicht ganz, warum sich die Regierung nicht für den Erhalt der Geburtshilfe in Bad Aibling eingesetzt hat. „Ich weiß nicht, ob es Absicht, Unwissenheit oder Dummheit ist.“ Das neue Förderprogramm des Freistaates verdient diesen Namen nicht.
Um trotz derzeit eher trüber Aussichten vielleicht doch noch in den Genuss von Fördermitteln kommen zu können, hat der Kreistag mit einem einstimmigen Beschluss eine formale Voraussetzung hierfür geschaffen. Er beschloss, dass der Landkreis künftig das Defizit der Fachabteilung Gynäkologie und Geburtshilfe am Krankenhaus Wasserburg gesondert ausweist und wie gefordert bereit ist, mindestens 15 Prozent dieser Summe selber zu tragen.