Streit um Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Inntal Süd“

Wann Entscheidung fällt, bleibt offen

von Redaktion

Ist der Bund Naturschutz (BN) gegen eine im Inntal erlassene Landschaftsschutzgebietsverordnung klagebefugt? Darüber verhandelte gestern der Verwaltungsgerichtshof (VGH).

Rosenheim/München – Die Naturschützer im Inntal sind in Aufruhr, seit der Landkreis Rosenheim im Jahr 2013 die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Inntal Süd“ erlassen hat. Das dadurch neu geschaffene Gebiet umfasst etwa 4000 Hektar – das sind unter dem Strich rund 650 Hektar weniger, als das Schutzgebiet zuvor auswies.

Deshalb hat der BN 2014 ein Normenkontrollverfahren gegen den Landkreis angestrengt, über das gestern vor dem VGH in München verhandelt wurde. Doch weniger der Naturschutz als vielmehr formaljuristische Probleme standen bei diesem Termin im Vordergrund. Es geht vor allem um die Frage, ob der BN in diesem Fall eine Antragsbefugnis hat. Um gegen eine Verordnung klagen zu können, muss er nämlich in eigenen Rechten verletzt sein, eine Verbandsklage hilft hier nicht weiter.

Auch das Umweltbehelfsgesetz gelte für den entsprechenden Zeitraum nicht, machte die Vorsitzende Richterin deutlich. Man müsse dafür ins EU-Recht eintauchen. Die Kläger führen derweil auch die Alpenkonvention ins Feld. Nach schwierigen rechtlichen Diskussionen blieb das Gericht bei seiner ursprünglichen Einschätzung: „Nach derzeitigem Stand ist es so, dass wir die Antragsbefugnis ablehnen würden“, sagte die Richterin.

Am Ende kam man überein, das Verfahren ruhen zu lassen, bis das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über den Fall Steigerwald entschieden hat. Dieser Fall könnte nämlich ein Präzedenzfall für den Rosenheimer sein. Es geht genau um die Frage, ob der Bund Naturschutz eine Klagebefugnis hat. Erfahrene Juristen gehen davon aus, dass das Bundesverwaltungsgericht den Fall sogar dem Europäischen Gerichtshof vorlegen wird. Es ist also noch völlig offen, wann im Fall „Inntal Süd“ eine Entscheidung fällt.

Durch die neue Landschaftsschutzgebietsverordnung werden frühere Verordnungen im Geltungsbereich außer Kraft gesetzt – und zwar die Kreisverordnung zum Schutz des Inntals aus dem Jahr 1952, mit der das Inntal nördlich von Rosenheim bis in die Nähe der Staatsgrenze bei Kiefersfelden großflächig unter Landschaftsschutz gestellt worden war, und die Verordnung der Stadt Rosenheim über das Landschaftsschutzgebiet Bockau aus dem Jahr 1977.

Laut Landratsamt gab es mehrere Gründe für die neue Verordnung. Vor allem seien die Grenzen des alten Schutzgebiets kreuz und quer mitten durch neun Gemeinden verlaufen. Inzwischen werde aber verlangt, ein klar definiertes Gebiet auszuweisen, das sich nicht an Straßen, sondern an fachlichen Belangen orientiert, zum Beispiel Geländekanten.

Laut Ernst Böckler von der BN-Kreisgruppe Rosenheim besteht nun Gefahr für erhebliche Eingriffe in die Natur und Landschaft. Es seien Gebiete herausgenommen worden, um dort autobahnnahes Gewerbe anzusiedeln, etwa in Rohrdorf, Oberaudorf und Kiefersfelden. „Die Gebiete wurden inselartig aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgeschnitten, wobei wir jetzt schon wissen, welche Interessen die Gemeinden verfolgen.“

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