Rosenheim – Die AfD verbucht diese Nachricht im Wahlkreis Rosenheim schon jetzt als Erfolg: Ihr Direktkandidat Andreas Winhart liegt nach aktuellen Umfrageergebnissen von Election.de auf Platz zwei hinter Daniela Ludwig von der CSU. Überraschend dabei: In keinem anderen der alten Bundesländer belegt die AfD in einem Wahlkreis den zweiten Rang.
Für die AfD ist diese Nachricht natürlich ein Grund zur Freude. In einer Pressemitteilung teilt der AfD-Kreisvorsitzende Franz Bergmüller gestern mit: „Das Zwischenergebnis freut uns sehr und da ist noch Luft nach oben.“ Gerne würde die im Jahr 2013 gegründete Partei in Rosenheim die Sensation perfekt machen, heißt es in der Mitteilung weiter, und ihren Bundestagskandidaten Andreas Winhart für den Wahlkreis Rosenheim nach Berlin schicken.
Prognose: CSU als klarer Sieger
Ganz so einfach wird das aber nicht: Dass sich Daniela Ludwig von der CSU mit Abstand die meisten Stimmen im Rosenheimer Wahlkreis sichern wird, gilt laut den Umfragen von Election.de als sicher. Das Hamburger Unternehmen betreibt seit 2001 politische Analysen – überwiegend für Medien, Parteien und Kandidaten.
Ludwig selbst lässt sich von der Umfrage nicht beirren: „Mein Team und ich konzentrieren uns auf ein gutes Ergebnis für die CSU am 24. September und lassen uns dabei von Prognosen, die sich täglich ändern können, nicht beeinflussen.“ Die Bundesabgeordnete ist überzeugt, zusammen mit ihren Kollegen in den vergangenen Jahren viel für die Region erreicht zu haben. „Die CSU hat ein überzeugendes Programm für die Zukunft Bayerns und Deutschlands vorgelegt. Deshalb werben mein Team und ich bis zum 24. September täglich um jede einzelne Stimme“, so Ludwig.
Um jede Stimme werben, das möchte auch Abuzar Erdogan, Direktkandidat der Rosenheimer SPD. Er bezeichnet die Ergebnisse im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen als schockierend. „Schockierend, gerade weil auch die Rosenheimer AfD keinen Hehl aus ihren rechten Tendenzen macht.“ Für Erdogan selbst bedeutet das in den kommenden Tagen: Noch mehr Wählern zu verdeutlichen, dass Deutschland ein politisches System besitzt, auf das es bislang stolz sein kann. „Wir müssen gerade Nichtwähler dazu bewegen, zur Wahl zu gehen und Protestwählern klarmachen, dass ihr Wahlverhalten der Demokratie mehr schadet als nützt.“ Dass die AfD keine Lösungen anbietet, steht für Erdogan fest: „Mehr Populismus geht meiner Meinung nach nicht.“
Erstaunlich bei den Prognosen von Election.de ist vor allem der Vergleich mit anderen Wahlkreisen: Die Vorhersage sieht in keinem anderen Wahlkreis der alten Bundesländer bei den Erststimmen die AfD vor der SPD auf Rang zwei. Sie erreicht zwar in 18 weiteren Wahlkreisen diese Platzierung. Diese Wahlkreise befinden sich jedoch alle in den neuen Bundesländern.
Matthias Moehl, Diplom-Informatiker von Election.de, erklärt dieses Phänomen wie folgt: „Das Ergebnis orientiert sich an zwei Komponenten: an einer sehr schwachen SPD in Rosenheim und an einer etwas stärker werdenden AfD.“ Sehr weit auseinander lägen die Parteien in der Prognose jedoch nicht – im Gegensatz zur CSU, die wie bereits bei der vergangenen Wahl unangefochten an erster Stelle liege. Generell sei die SPD im Wahlkreis Rosenheim sehr schwach. „Am schwächsten in ganz Bayern und auch deutschlandweit auf dem viertletzten Platz hinter drei Wahlkreisen in Sachsen“, so Moehl.
In Sachen Zweitstimme trifft Election.de für Rosenheim keine offizielle Vorhersage. Nur so viel: „Diese wird sich in etwa an den Erststimmen orientieren.“
Verschiedene Faktoren führen zur Prognose
Die Prognosen basieren auf einem von Election.de entwickelten Projektionsverfahren, das verschiedene wahlentscheidende Faktoren berücksichtigt. Election selbst schätzt deshalb seine Werte präziser ein als einzelne Umfragen, die lediglich Momentaufnahmen mit zufälligen Schwankungen darstellen. In die Election.de-Prognosen fließen folgende Faktoren mit ein: Zum einen werden bisherige Bundestags-, Landtags- und Europawahlen im Wahlkreis berücksichtigt. Ebenfalls von Bedeutung sind aktuelle Trends aus repräsentativen Wählerbefragungen. Entscheidend sind zudem die nominierten Kandidaten im Wahlkreis selbst sowie das „Stimmensplitting“.
Hierbei geht es um Wähler, die ihre Erst- und Zweitstimme jeweils einer anderen Partei zusprechen. Anhänger beispielsweise der Linken und der AfD neigen laut Election.de eher weniger zum „Stimmensplitting“. Wähler von FDP und Grünen dagegen schon: Sie geben ihre Erststimme oft den aussichtsreicheren Kandidaten der größeren Parteien, die voraussichtlich Koalitionspartner ihrer favorisierten Partei sein könnten.