„Entchristianisierung“ hausgemacht

von Redaktion

Wolfgang Bosbach zu Gast im OVB-Medienforum – Viel Applaus für deutliche Worte

Rosenheim – Eine herzliche Umarmung von seiner Berliner Abgeordnetenbüro-Nachbarin Daniela Ludwig beim Empfang, deutliche Worte, reichlich Schlussapplaus: So lässt sich der Auftritt des scheidenden CDU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach im vollbesetzten OVB-Medienforum auf einen kurzen Nenner bringen. Er kam auf Einladung von Andreas März, Bezirksvorsitzender in Rosenheim des Wirtschaftsbeirates Bayern. Der Parlamentarier punktete gleich zu Beginn seiner Ausführungen mit seinem rheinischen Humor. „Wenn ich mich als CDU’ler erholen will, muss ich zur CSU kommen“, scherzte er unter Anspielung auf den Gegenwind, der ihm nicht selten in seiner eigenen Partei ins Gesicht bläst.

„Christlich-sozial, liberal, wertkonservativ“. So sieht sich der Redner und versicherte, dass er für den Fortbestand dieser Werte als Grundsäulen der CDU-Politik weiter eintreten werde. Daniela Ludwig teilte in ihrem Grußwort seine Auffassung, die Bundestagswahl am 24. September werde „eine ganz, ganz enge Partie“. Absolute Einigkeit mit ihm auch in einem anderen Punkt: „Wir dürfen unser Land nicht Rot-Rot-Grün überlassen.“ Der Urnengang sei eine „Richtungsentscheidung“.

Aus seiner Denkrichtung machte Bosbach an diesem Abend kein Geheimnis. „Ich vertrete ausschließlich politische Positionen der CDU oder solche, die das einmal waren.“ Da blitzte er durch, der bundesweit bekannte überzeugte Wertkonservative, der auch der Kanzlerin unerschrocken widerspricht, wenn er es für angebracht hält. Unmissverständlich war beispielsweise seine Ansage beim Thema Innere Sicherheit. Er verneinte, neue Anstrengungen hierfür brächten die Gefahr mit sich, Deutschland werde zu einem Überwachungsstaat. „Den letzten Überwachungsstaat auf deutschem Boden haben wir vor 27 Jahren abgeschafft.“

Politikverdrossenheit bei den Menschen kann er nicht erkennen. Allerdings gebe es Gräben zwischen den Wählern und den Gewählten, und es gebe ein hohes Maß an Parteien- und Politikerverdrossenheit. Sein Rezept: Politik muss die Menschen in Entscheidungsprozesse einbinden und überzeugen. Aus seiner Überzeugung resultiert dann auch ein deutlicher Hinweis an die CDU. „Sie muss weiterhin eine lebendig diskutierende Volkspartei bleiben.“ Übermut sei derzeit die größte Gefahr für ein erfolgreiches Abschneiden bei der Bundestagswahl, warnte er.

Die deutsche Wiedervereinigung nennt er einen „Glücksfall unserer Geschichte“. Er könne nicht verstehen, dass sie so zurückhaltend gefeiert werde. „Man darf auch mal stolz auf das eigene Land sein; stolz auf das, was wir seit dem Fall der Mauer in einer großen Gemeinschaftsleistung erreicht haben. Das hat nichts mit Nationalismus zu tun“

Bosbach ist überzeugter Europäer, dennoch sparte er nicht mit Kritik am aktuellen Erscheinungsbild der EU. Auf die Palme bringt ihn die mangelnde Solidarität einiger Ostblockstaaten in der Flüchtlingspolitik. „Solidarität darf es nicht nur beim Nehmen geben“, mahnte der Referent, der auch eine klare Position zur aktuellen Diskussion um die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei bezieht. „Es war ein Fehler, überhaupt mit diesen Verhandlungen begonnen zu haben.“ Wäre die Türkei EU-Mitglied, hätte Europa Außengrenzen zum Iran, zum Irak und zu Syrien – „mit allen Konsequenzen“, nannte Bosbach einen Grund für seine Auffassung.

Von der Staatengemeinschaft wünscht er sich, nur das europäisch zu regeln, was europäisch geregelt werden muss. Eine gemeinsame Sicherheits- und Flüchtlingspolitik gehört für ihn dazu, nicht aber der Erlass ständig neuer EU-Richtlinien. Was die Brexit-Verhandlungen mit Großbritannien betrifft, empfiehlt er Härte. „Es geht nicht, die Vorteile von Europa behalten zu wollen, aber die Nachteile nicht mittragen zu müssen.“

Was die Integration von Flüchtlingen in Deutschland betrifft, gibt es für ihn keine Spielräume. „Die kann nur auf der Basis unserer Werteordnung stattfinden. Wer glaubt, hier nach den Regeln der Sharia leben zu können, hat sich das falsche Land ausgesucht.“

Unabhängig von der Wachsamkeit, die der Staat gegenüber Vertretern eines radikalen Islamismus walten lassen müsse, sieht Bosbach für Deutschland auch eine „große hausgemachte Gefahr“: die Entchristianisierung. „Wenn wir aus dem Martinszug ein ‚mobiles Lichterfest‘ machen, wenn der Weihnachtsmarkt zum ‚Wintermarkt‘ wird, und wenn Kardinal Marx und sein evangelischer Amtsbruder Bedford-Strohm als höchste Repräsentanten der großen Kirchen in Deutschland bei einem Moschee-Besuch im Nahen Osten ihr Kreuz ablegen, dann ist diese Gefahr real“, sagte Bosbach.

Am Ende der Rede, an die sich eine kurze Diskussion anschloss, sprach Gastgeber Andreas März den Besuchern aus der Seele. „Wenn man Ihnen zuhört, möchte man meinen, dass vermeintlich schwierige Dinge gar nicht so schwer zu erklären sind.“

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