Abhängig vom Drogendealer

von Redaktion

Jugendschöffengericht verurteilt 22-Jährige wegen Beihilfe zu Bewährungsstrafe

Bad Endorf – Wegen der Beihilfe zum Drogenhandel musste sich jetzt eine 22-jährige Frau aus Bad Endorf vor dem Rosenheimer Jugendschöffengericht verantworten. Unter anderem aufgrund möglicher „Reifeverzögerungen“ verhängte das Gericht letztlich eine Strafe nach dem Jugendstrafrecht.

Cannabis und
Kokain gefunden

Im Mai 2019 observierten Beamte des Rosenheimer Drogendezernates einen Mann, der ihnen als Drogenabhängiger bekannt war. Sie hofften auf diese Weise dessen Lieferanten ausfindig zu machen. Die Beschattung war erfolgreich. Als er aus der Wohnung seines Dealers kam, hatte er sich eben mit Betäubungsmitteln versorgt und wurde festgenommen. Zudem durchsuchten die Einsatzkräfte die Wohnung des Dealers und fanden dort Cannabis und Kokain, was auch zur Verhaftung des anderen Mannes führte.

Seine Freundin und Lebensgefährtin habe mit den Drogengeschäften nichts zu tun, erklärte der Dealer damals den Polizeibeamten. Doch ein forensisches Labor, dass die Drogen und sichergestellte Waffen untersucht hatte, stellte an den Drogen und an den Waffen auch DNA-Spuren der heute 22-jährigen Frau aus Bad Endorf sicher. Daher wurde sie der Beihilfe beschuldigt und ebenfalls festgenommen. Nachdem die Frau im Verlauf der Befragungen umfassend geständig war, konnte die Untersuchungshaft nach drei Wochen ausgesetzt werden.

Nach Einschätzung eines Sozialarbeiters der Jugendgerichtshilfe vor Gericht sei die Angeklagte „sehr labil und unselbstständig“, da sie beispielsweise noch jede Menge „Führung und Unterstützung“ brauche. Sie sei dem Mann über drei Jahre hörig und bei seiner Logistik in puncto Drogenhandel behilflich gewesen.

Zwar hatte sie nach eigenen Angaben niemals selber aktiv Handel getrieben. Aber auch die Beihilfe sieht im Strafrecht eine deutliche Bestrafung vor. So ist im Erwachsenen-Strafrecht eine Bewährung bei diesem Vergehen nicht möglich. Weil sie aber zur Tatzeit noch unter 21 Jahre alt war und weil der Sozialarbeiter bestätigte, dass in ihrem Fall „Reifeverzögerungen“ keinesfalls auszuschließen seien, könnte bei ihr das Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen.

Das beantragte auch der Staatsanwalt. Allerdings müsse bei solchen Drogenmengen die „Schwere der Tat“ Berücksichtigung finden. So stellte er den Antrag, die gelernte Zahnarzthelferin zu zwei Jahren Jugendeinheitsstrafe zu verurteilen und diese Strafe unter strengen Auflagen nebst Arrest zur Bewährung auszusetzen.

Was die Tatumstände und die Persönlichkeit der Angeklagten anging, so stimmten die Verteidiger mit dem Staatsanwalt überein. Nicht aber mit der Bewertung. So verwies Anwalt Dr. Markus Frank darauf, dass seine Mandantin zu dieser Zeit nicht nur selber drogenabhängig gewesen sei, sondern auch nur eine sehr untergeordnete Rolle bei den Verbrechen des Dealers gespielt habe.

Der zweite Verteidiger, Rechtsanwalt Harald Baumgärtl, erinnerte daran, dass mit der Unreife dieser Mandantin die erlittene Untersuchungshaft einen derart großen Eindruck hinterlassen habe, dass ein sogenannter Warnschuss-Arrest völlig unnötig, ja kontraproduktiv sein müsse.

Beide Verteidiger waren der Meinung, weil ihre Mandantin auch ohne jede Vorstrafe war, dass eine Verurteilung mit Bewährungszeit in diesem Falle angemessen sei.

Eine Reihe
von Auflagen

Das Jugendschöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Hans-Peter Kuchenbaur war ebenfalls der Meinung, dass die zu verhängende Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Allerdings sei eine echte Jugendstrafe wegen der Drogenmengen nicht zu umgehen. 23 Monate wurden ausgesprochen, um zu verhindern, dass die Angeklagte wegen eines möglichen Bagatelldeliktes dann zwingend in Haft gehen müsse. Denn sobald eine Gesamtstrafe über 24 Monate hinaus ginge, wäre ein Bewährungswiderruf unumgänglich.

Eine Reihe von Bewährungsauflagen wie Bewährungshelfer, Drogenscreening und Antidrogenberatung sollen die Frau laut Richter Kuchenbaur „zu echter Selbstständigkeit verhelfen“.

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