Rott – Angekündigt hat der „Bayernbund“-Vorsitzende Christian Glas eine „Bairische Wortkunde“ mit Sprecher Gerald Huber und seiner musikalischen Partnerin Maria Reiter.
Doch im Rotter Stechl-Saal erlebten die Zuhörer zwei vergnügliche und zugleich lehrreiche Stunden mit einem launigen Geschichtenerzähler und Bänkelsänger sowie einer ausgezeichneten Akkordeonistin, die auch gesanglich einige Register zog.
Schnell war klar: Wer das Bairische würdigen will, wird schnell international. Denn die älteste deutsche Regionalsprache ist gleichzeitig auch eine der ältesten Kultursprachen Europas. Kein Wunder, dass sich in Maria Reiters musikalischer Begleitung G’stanzl, weihnachtliche Klänge und Beethovens Europahymne samt Götterfunken brüderlich die Hände reichten.
Die bairische
Bierkultur begann
nach der Eiszeit
Die erste Hälfte des Programms war dem Bier gewidmet. Klar doch, dass die Ursprünge der bairischen Bierkultur mit dem Ende der Eiszeit vor 12000 Jahren begann – mindestens, so Huber. Eigentlich umspannt sie den Zeitraum von Adam bis Zapfhahn. Als die Menschen sesshaft wurden, trafen sie sich zu Feiern aller Art – dem tiefsten Grund, das Jagen und Sammeln mal bleiben zu lassen. Zugunsten des Ackerbaus und erst recht des Anbaus von Gerste, dem ersten Getreide der Menschheit.
Das Bierbrauen wurde erfunden und mit einem Fetzen Rausch den Göttern gehuldigt. In Mesopotamien und Südost-Anatolien mögen die ersten Biergärten entstanden sein, doch Ausgrabungen einer Brauereianlage bei Augsburg weisen Bayern als erstes Land der Biertrinker in Westeuropa aus. Das erste Starkbier allerdings wurde nicht auf dem Nockherberg gebraut, sondern im alten Ägypten. Dieser Trunk soll so stark gewesen sein, berichten die Hieroglyphen, dass es sogar Elfenbein auflöste…
So jagten Gerald Huber und Maria Reiter noch lange kreuz und quer durch die Geschichte des Bieres und kamen zu dem Ergebnis, dass „alle Gedankenstränge unweigerlich nach Bayern führten“. Darauf mindestens „ein dreifaches Hellesluya“!
Schon die Römer
feierten in der
staden Zeit
Im besinnlicheren zweiten Teil drehte sich alles um das Weihnachtsfest, um die in den meisten Kulturen verankerte Sage von dem Kind, das die Welt retten wird, so Huber weiter.
Ebenso wie vielerorts die Zeit der langen Nächte und kurzen Tage mit fröhlichen Feiern begangen wird. Schon bei den Römern feierte man die Saturnalien am Ende der winterlichen Aussaat. Freunde und Familien tauschten Geschenke und Gegengeschenke in den Wintermonaten aus.
Das Geschenkekaufen wurde auf speziellen Märkten kommerzialisiert; der älteste findet an seit jeher an der selben Stelle in Rom statt. In Nürnberg gibt es dafür seit Anfang des 17. Jahrhunderts den Christkindlesmarkt. Der Pfarrer von Schwarzach bei Straubing berichtete im Jahr 1616, dass er die Vespernpredigt hat ausfallen lassen müssen, „weil wegen des wahnwitzigen Einkaufens von Geschenken keine Leute vorhanden gewesen sind.“
Also tat sich das weißblaue Bayern wieder mal hervor: Wildes einkaufen, „Stille Nacht“, der Adventskalender, das Lametta, das Aufstellen von Christbäumen in den Wohnungen – alles in Bayern erfunden. Auch wenn Letzteres als „ein der Forstkultur so abträglicher wie unnützer Brauch“ zeitweise verboten worden ist.
„Also alles“, resümierte Gerald Huber, „über was man sich heutzutage wegen Weihnachten aufregt, hat es schon vor Jahrhunderten gegeben.“
Auch dass Leute herumziehen und um Gaben betteln. Das ging auf die „Gabenheischer“, die Turmbläser im 15. Jahrhundert zurück, die winters arbeitslos waren und erst brav um milde Gaben nachfragten. Huber: „Doch der Ton wurde zusehends rauer – fast so rau wie heute in prolligen Internetforen. Küacherl raus, Küacherl raus, sonst schlag‘ ma eich a Loch ins Haus!“