Rohrdorf – Umweltbelange waren ein deutlicher Schwerpunkt bei den diesjährigen Rohrdorfer Bürgerversammlungen, die traditionsgemäß in erster Linie den Charakter eines Jahresrückblickes haben und diesmal in den Ortsteilen Thansau und Lauterbach abgehalten wurden.
Berichtenswertes zum Thema Umwelt gab es sowohl auf der positiven, der „Habenseite“, als auch als Problempunkt. Auf der positiven Seite steht, dass die Gemeinde im letzten Jahr durchaus ansehnliche Areale besonderen Bepflanzungen gewidmet hat. So zum Beispiel den Hang zwischen Feuerwehr und Turner Hölzl, der dabei ist, eine Streuobstwiese zu werden.
80 weitere Bäume für
Streuobstwiese
20 Bäume wurden bereits im April im Rahmen eines Festaktes mit Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) gepflanzt, bei dem sie die landesweite „Pflanzaktion Streuobst“ eröffnete. 80 weitere werden noch in diesem Jahr eingesetzt. Dabei bekam diese Maßnahme in der Zwischenzeit durchaus zusätzliche Aktualität: Denn mittlerweile hat die Staatsregierung das „Bienenschutz-Volksbegehren“ vom Frühjahr dieses Jahres als Zielvorgabe übernommen.
Ein Punkt des Volksbegehrens war es, Streuobstwiesen mit Hochstämmen gewissermaßen unter Schutz zu stellen: Die Besitzer solcher Flächen wären damit in ihren Verfügungs-, aber auch Bewirtschaftungsmöglichkeiten in Zukunft möglicherweise stark eingeschränkt. Das könnte, so befürchten manche, dazu führen, dass die Zahl der Streuobstwiesen mittelfristig eher sinkt, denn wächst. Die junge Streuobstwiese zwischen Feuerwehr und Turner Hölzl ist also auch vor diesem Hintergrund ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Streuobstwiesenkultur in Rohrdorf.
Konsequent in Sachen Naturnähe ist man auch bei einer rund 2500 Quadratmeter großen Fläche am Thansauer Badesee. Die Gemeinde hat sie gepachtet und damit aus dem Gelände, auf dem bislang vorwiegend Mais angebaut wurde, eine Blütenwiese gemacht. Gegenüber den Blühstreifen an Feldrändern, die es in Rohrdorf auch gibt, hat dieses große Areal den Vorteil, dass es nicht nur Insekten, sondern auch größeren Lebewesen einen Lebens- und Rückzugsraum bietet.
Um Landwirtschaft und Umweltnähe geht es auch bei der jüngst gegründeten Öko-Modell-Region Hochries-Wendelstein-Kampenwand, bei der Rohrdorf eine der sieben Mitgliedsgemeinden ist. Sowohl bei den Verbrauchern als auch bei den Landwirten ist zunehmend ein ökologisches Bewusstsein festzustellen.
Bürger und Bauern
zusammenbringen
Das Ziel der Öko-Modell-Region wird es unter anderem sein, beide Gruppen besser zusammenzuführen, sie gewissermaßen an einem Strang ziehen zu lassen: Die Verbraucher sollen wissen, wo in der Region schon ökologische Produkte angeboten werden und wie diese – zum Beispiel auch durch Kauf direkt am Hof – zu beziehen sind. Die Landwirte wiederum sollen erfahren, wie sie ihre naturnahen Produkte besser bewerben können.
Ein eindeutiger Gewinn für die Umwelt ist auch die Umstellung der Klärschlammentsorgung bei der Kläranlage Bockau. Bis zum Frühjahr wurden die Rückstände per Lkw nach Mitteldeutschland transportiert. Im Schnitt waren das 120 Lkw-Züge pro Jahr, die dabei etwa 96000 Kilometer zurücklegten. Nun wird der Klärschlamm im Zementwerk Rohrdorf zur Energieerzeugung mitverwendet. Damit entfallen nicht nur die etwa 75 Tonnen Kohlenstoffdioxid, die pro Jahr von den Lastwagen auf die Straßen geblasen wurden, auch die nicht unproblematische Ausbringung des Klärschlamms auf Feldern findet nicht mehr statt.
Den Bemühungen für ein umweltgerechtes Rohrdorf steht – da waren sich Bürger und Gemeindeverwaltung absolut einig – die Bedrohung durch die Trassen des Brenner-Nordzulaufs gegenüber. Hier bemängelt man in der Gemeinde, dass der Ausbau der bestehenden Strecke als Alternative zum Trassen-Neubau nach wie vor keine Berücksichtigung erfahre. Zwar seien in jüngster Zeit von der bayerischen Landesregierung verstärkt Stimmen zu hören, die vor einem Neubau den eindeutigen Nachweis des Bedarfs fordern – Bürgermeister Christian Praxl (CSU) berichtete in dem Zusammenhang von einem entsprechenden Brief aus der Staatskanzlei – doch ist er damit nicht zufrieden.
Überarbeitete Studie
zum Nordzulauf
Bei dem Vorhaben handele es sich um ein Bundesprojekt, die Haltung der bayerischen Landesregierung sei da am Ende wohl weniger von Gewicht, wie er befürchtet. Vor allem aber kritisierte er, dass auch hier nur eine „Ertüchtigung“ berücksichtigt werde, wenn es um die möglichen Kapazitäten der vorhandenen Strecke gehe, aber eben nicht das Ausbaukonzept des Planungsbüros Vieregg-Rössler. Diese Studie war im Frühjahr von Rohrdorf zusammen mit den Gemeinden Stephanskirchen, Riedering und Neubeuern in Auftrag gegeben worden und die Gemeinden möchten nun die Diskussion darüber weiter vorantreiben: Eine überarbeitete Fassung der Untersuchung soll am 11. November nicht nur den Vertretern der auftraggebenden Gemeinden vorgestellt werden, sondern auch den Inntal-Bürgermeistern zwischen Raubling und Kiefersfelden.
Für Praxl ist klar: „Unsere einzige Chance ist es, die Alternative eines Ausbaus der Bestandsstrecke bis ganz zum Schluss im Verfahren zu halten, und das werden wir auch mit allen unseren Möglichkeiten tun.“