Die Fledermaus wirklich für alle

von Redaktion

Großer Zulauf bei der Inklusionsvorstellung beim Immling-Festival

Halfing/Immling – Kann man den „Inklusiven Gedanken“ lesen, oder hören oder kann man ihn sehen? Erklärtes Ziel der Inklusion ist, dass jeder Mensch, unabhängig von Herkunft und Alter, mit oder ohne „Behinderung“ in allen Bereichen des Gesellschaftslebens teilhaben kann.

Im Umkehrschluss heißt das: Wenn alle Menschen dabei sein können, ist es normal „verschieden“ zu sein. Und davon profitieren alle. Klingt verlockend und ist jeder Förderung wert. Die Umsetzung aber, gerade im Bereich öffentlicher Veranstaltung, bedarf vieler hilfsbereiter Mitmenschen und Veranstalter, die diese Idee stützen und so leere Worte in Tatkraft verwandeln.

Vom Hören

und Spüren

Diese Taten, den Inklusiven Gedanken also, kann man seit 20 Jahren in Inklusionsvorstellungen beim Immling-Festival hören, sehen und spüren. Der Horizont auf Gut Immling ist weit – und barrierefrei. Es wird nicht nur lecker Opernsüppchen gekocht, altersschwache Tiere beherbergt oder vielerlei Sprachen gesprochen und gesungen, sondern im Geiste des Miteinanders Inklusion gelebt.

Das liegt Intendant Ludwig Baumann am Herzen, und dafür ist er, zusammen mit zahlreichen Förderern und seinem Immling-Team bereit, auch sinnbildlich Barrieren zu überwinden, also „Rampen“ zu bauen.

Zu diesem Anlass wird einmal im Jahr der Festsaal umgebaut. Es werden Sitze ausgebaut, ausreichend Platz für Rollstuhlfahrer und ihre Begleiter geschaffen, sodass wirklich jeder, der mag, nach seiner Fasson Kultur genießen kann. Pro Rollstuhl müssen vier Sitzplätze geschaffen werden und letztlich muss die schöne Sache auch für alle Beteiligten leistbar sein.

So darf sich das OpernFestival mit der „Jacob-und-Marie-Rothenfußer-Gedächtnisstiftung“ aus München, der „Maria-Bergmann-Stiftung“ aus Rosenheim sowie der „Behindertenstiftung des Landkreises Rosenheim“ über treue Förderer freuen. Hand in Hand arbeiteten alle für dieselbe gute Sache: Es wurden Busse und Autos organisiert, Kosten übernommen, Karten reserviert und in der Pause gab‘s vom Celebramus Catering Getränke zum halben Preis. Wie sich zeigte, war gerade die Strauß-Operette „Die Fledermaus“, die derzeit auf dem Immlinger Spielplan ist, mit ihren ohrwurmhaften Hits, ihrer humorvollen Handlung in kunstvollem Kostüm- und Bühnenbild ein wahrer Stimmungsaufheller.

Evan Alexis Christs Dirigat gab einen beschwingten Takt vor, dessen Rhythmus sich nicht nur Orchester, Chor und das gute Laune versprühende Gesangsensemble hingab, sondern auch die Herzen der vielen Besucher der Inklusionsvorstellung.

Spontanes

Gelächter

Spontanes Lachen, Kichern oder die ein oder andere laut ausgesprochene Bemerkung zu besonders mitreißenden Bühnenmomenten, verliehen dieser nachmittäglichen Vorstellung besonderen Reiz. Und daran „war gewiss nicht nur der Champagner“ oder der Wiener Walzer schuld, sondern eher das zwanglose Miteinander.

In der Pause waren starke Hände für Schwächere da. Jeder half jedem, es wurde Platz gemacht, zurechtgerückt, es wurde Händchen gehalten, Getränke besorgt und sich munter ausgetauscht. Man blickte in offene, freundliche und aufmerksame Gesichter – Barrierefreiheit bis ins Mark, Hilfsbereitschaft und Vorbehaltlosigkeit.

So also fühlt sich das an, was hinter dem Wort Inklusion steht. So sieht es aus und so hört es sich auch an. Mittendrin strahlte die jugendliche Manuela Braun aus dem Einrichtungsverbund Steinhöring, die mit ihrer Mutter gekommen war: Sie hätte wohl die Pause nicht gebraucht und fühlte sich prächtig unterhalten. So auch die Bewohner des Laurentius Seniorenheims aus Bernau, die jedes Jahr das Inklusionsangebot des Immling-Festivals nutzen und heuer mit insgesamt 20 Bewohnern gekommen waren. Betreuerin Rotraud Darger lachte: „Die Lieder gehen Jung und Alt ins Blut“, ist sie sich sicher.

Dem schloss sich die fünfjährige Belinda Neumann aus München an, die stolz berichtete, dass sie im letzten Jahr gleich fünfmal in Mozarts Zauberflöte war – ein echter kleiner Opernfreak, für den die nachmittägliche Vorstellung perfekt war.

Das „besondere“ Publikum war für sie ebenso selbstverständlich, wie die Tatsache, dass Orlofskys Fest in der Immlinger Inszenierung von Thomas Peters im Spa-Bereich der Prinzenvilla stattfand.

Hans Loy, Bürgermeister der Gemeinde Prutting und zugleich Vorsitzender AK Inklusion „Menschen mit Behinderung mittendrin“ des Landkreises Rosenheim ist nun schon seit 20 Jahren für die Sache aktiv und freute sich, wie auch Paul Rothenfußer, Vorstand der Jacob- und-Marie-Rothenfußer-Gedächtnisstiftung, über die durchwegs gute Resonanz. Beide hoffen, dass künftig noch weitere Opernhäuser Immlings gutem Beispiel folgen und zumindest ein paar mehr Behinderten gerechte Plätze zum Kulturgenuss schaffen können.

Artikel 9 von 29