Hirnsberg – Regisseur Uwe Drahtschmidt dirigiert zwölf Mitwirkende sowie das Bachecker Blech als Musikbegleitung durch „Deifi Sparifankerl“. So, dass man nur sagen kann: Besser hätten sie ihr 20. Aufführungsjahr nicht feiern können.
Ausgangslage ist eine Notsituation von Teufels Grußmutter. Der fehlt für ein ausgeglichenes Haushaltsjahr noch eine Seele: Kriegt sie die nicht, muss sie ein Jahr als Handpuppe im Kasperltheater verbringen.
Doch wozu hat man Enkel? Also macht sich dieser auf den Weg, um Bertl Geißhofer (Florian Jehl) zu einer Untat zu verführen. Wider Erwarten keine große Angelegenheit, wie es scheint, denn Bertl ist mit seinem Freund Nepomuk Stutz (Franz Huber) eh schon drauf und dran, ein linkes Ding zu drehen: dem Grafen Ferdi von Falkenklamm (Konrad Stein) sollen seine frisch erworbenen Lippizaner gestohlen werden.
Bayerischer Deifi mit Schwäche für Frauen
Ein eher entspannter Auftrag also für den Teufel (Michael Neumayr), der Luziferius Sparifankerl heißt und wie der Name schon sagt, ein bayrischer Deifi und damit kein ganz unrechter ist. Jedenfalls mit einer ausgeprägten Leidenschaft für gutes Essen gesegnet und auch für das andere Geschlecht. Im Dorf gibt es drei Frauen, die bei den Geißhofern ein- und ausgehen: die Blechhoferin (Annette Forster), die neben ihrem Hang zu außerehelichen Abenteuern ein Faible für selbst gemachte Schnapslutscher hat, die Ungerin (Madalena Lex), der als Kind ein Milchkandl auf den Kopf gefallen war, und die Goldtalerin (Gertraud Sax). Die ist schon etwas älter, aber in Sparifankerls Augen das reine Prachtweib: „geldig-griffig“ wie er schwärmt und „hantig“ – bei dominanten Frauen wird der Teufel schwach.
Blöd nur, dass Senta, Bertls Schwester (Maria Frankenberger) schon früh die Identität des Teufels erkannt hat: Mag der sich auch verkleidet haben – im Spiegel ist immer seine wahre Gestalt zu sehen. Mehr noch: Senta findet heraus, dass der Teufel alles verträgt, nur Schnaps nicht. So vergrault der Deifi im Suff seine Goldtalerin, die eben noch sagte „a bissal Odol und i bin mit im Spui“ und hat auch sonst nicht mehr viel unter Kontrolle.
Stücke voll Verwicklungen leben davon, dass alle Spieler sich die Stichworte wie Bälle zuwerfen können, sonst gibt es statt Pointen Hänger. Die Hirnsberger aber konnten alle mit ihrer Hauptfigur, dem Deifi, mithalten, obwohl der die Messlatte hoch legte: Dieses leicht Vernuschelte und Verhuschte, halb Verdruckste, halb Auftrumpfende, ergänzt durch eine teuflische Springlebendigkeit. Michael Neumayr saß wohl kaum eine Minute still.
Wie gut alle waren, zeigte sich daran, wie sehr sie bei ihrem Spiel auch auf kleinste Kleinigkeiten achteten. Für jede Einzelne, jeden Einzelnen von ihnen könnte man mehrere Beispiele anführen und nur aus Platzgründen sei allein die Szene genannt, bei der drei Dorfgrazien in der Stube zusammensitzen. Äußerlich passiert nicht viel, die Szene lebt rein vom Dialog. Wenn der auf den Punkt hin gespielt wird, ist man schon gut, grandios ist es aber dann, wenn man den Ton auch hätte abdrehen können und der Witz trotzdem erhalten geblieben wäre: Wie Annette Forster die Blechtalerin gab, die ohne Punkt und Komma immer und immer wieder dasselbe wiederholt, wie deshalb langsam, ganz langsam, bei Gertraud Sax als der Goldtalerin, der Kamm bis zur Explosion schwillt – das war punktgenau. Nicht minder bei Magdalena Lex, der Ungerin – nur hätte man bei ihr den Ton nicht weglassen dürfen. Wie sie nämlich, mit einer Kugel im Hintern, das Wechselbad von Schmerz und Wut über die Trotteligkeit ihrer „Zuarbeiter“ in den Ton legte, war eine Schau: War sie eben noch die weinerliche Trutscheligkeit in Person, hatte sie im nächsten Moment Stahl in der Stimme – messerscharf geschliffenen.
Alles in allem war dieses prachtvoll gespielte Stück auch ein Dankeschön an Wolfgang Kirner: Er hatte vor 20 Jahren das Erfolgsgeheimnis entdeckt, das bei den Hirnsbergern bis heute gilt: „De miassn probn, probn, probn, so lang probn, bis sie se selbst vergessen ham. Dann kennas spuin“.