Brannenburg – 1988 war Feierabend mit dem Chor. Der damalige Dirigent hörte auf. Zurück blieb nur ein kleines Häuflein strammer, schon etwas älterer Sänger. „Diesen Niedergang des Männergesangvereins Brannenburg Schloss habe ich voll miterlebt“, erinnert sich Anton Fellner beim Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen. Er selbst, so sagt er, war damals bereits dabei. Mit 14 Jahren war er dem Männergesangverein beigetreten. Doch aufhören? Das sei für ihn nicht infrage gekommen. Also übernahm er die Chor-Leitung.
„Eigentlich war ich schon am Aussteigen, zumal es kaum mehr junge Sänger im Chor gab.“ Doch keck habe er sich gedacht: Einen Rettungsversuch ist es allemal wert. Schließlich bringe er die eine, unbedingt notwendige Voraussetzung für das Dirigentenamt mit: Stimmen heraushören. „Du musst aus dem gesamten Klangkörper diejenigen Stimmen identifizieren können, die falsch singen, den Ton nicht treffen oder den Takt nicht halten können. Auch laute Stimmen müssen eingebremst werden, denn sie übertönen den gesamten Chor.“
Aus seinem damaligen Entschluss, das Dirigentenamt zu übernehmen, wurden dann 31 Jahre als Chorleiter und Dirigent.
Heute blickt Fellner nach der Übergabe des Amtes in jüngere Hände zufrieden zurück, doch „viel persönliches Engagement war nötig, um den Chor auf sein heutiges Niveau zu heben“.
„Ohne meinen Cousin Josef Kaffl, der mich als Vorsitzender stets unterstützte – er war ein Aktivposten – hätte ich es damals nicht gewagt“, berichtet der heute 68-Jährige.
Ausschlaggebend sei für ihn damals ein ganz besonderes Erlebnis gewesen: „Der kleine Rest des Chors sang in einem Nebenzimmer, allerdings so falsch und grässlich, dass jemand zu mir kam und bat, ich möge bitte dafür sorgen, dass die still sind.“ Oje, habe er sich damals gedacht. Denn natürlich war der laute Gesang fürchterlich, doch die älteren Männer hatten ihre Freude und vor allem ein gemeinsames Erlebnis. Sollte er ihnen das verbieten? „Das war der letzte Tropfen für meinen Entschluss, aus diesen Resten eines Männerchores wieder einen tadellosen Klangkörper zu formen.“
Vor allem zwei Dinge wollte Fellner ändern: Das Repertoire des Liedgutes erweitern und eine Balance zwischen Proben und Freizeitaktivitäten finden. Denn damals gab es für einen klassischen Männerchor nur das deutsche Liedgut. „Bayerische Lieder oder gar moderne Schlager waren völlig unbekannt und wurden abgelehnt“, sagt Fellner. Zudem hatten die älteren Herrschaften genaue Vorstellungen von der Zeit nach den Proben. „Aber das wollte ich nicht“, lacht er.
Und er hatte ein glückliches Händchen. Schnell fanden sich neue Sänger ein, die bei der „Wiedererweckung“ des Männergesangvereins dabei sein wollten, die auch die bislang verpönten Jodler einüben und Schlager singen wollten.
Bald wurde man in Brannenburg und darüber hinaus auf die neue Truppe aufmerksam. Heute tritt der 32 Sänger umfassende Männergesangverein Brannenburg Schloss auf Almen sowie bei kirchlichen und weltlichen Festen auf. Das Besondere: „Ich habe immer versucht, alle zu integrieren. Es kommt nicht darauf an, welchen Beruf ein Sänger ausübt, es kommt darauf an, ob er eine Stimme hat und Spaß am Singen mitbringt. Hier im Chor sind wir eine klassenlose Gesellschaft.“ Und das sei wohl eines der Geheimnisse, warum ausgerechnet dieser Chor sich um Nachwuchs nicht sorgen muss. Fellner freut sich, dass der Verein weiter existiert, schließlich war sein Urgroßvater Gründungsmitglied.
Übrigens: Wer es einmal ausprobieren will, ist zum Schnuppern eingeladen. „Nur Mut“, meint Fellner, jeder habe Talent zum Singen. Proben finden donnerstags um 20 Uhr im Vereinsheim in der Schlossstraße statt.