Kiefersfelden – Das Schöffengericht Rosenheim unter Vorsitz von Richter Christian Merkel entschied sich bei seinem Urteil für die goldene Mitte und blieb im Strafmaß genau zwischen Verteidigung und Anklage. Was war passiert?
Vier Jugendliche aus Kiefersfelden durften mit Erlaubnis des Eigentümers eine leer stehende Wohnung für gemütliche Treffs nutzen. Nebenan wohnte der spätere Angeklagten. Man lief sich über den Weg, ein freundschaftliches Verhältnis habe sich entwickelt.
So erfuhren die Burschen auch, dass ihr neuer Bekannter im Besitz von Drogen war. Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Tobias Fritz, wies vor Gericht auf die besonderen Hintergründe für diesen Drogenbesitz hin: Dass der Angeklagte im Besitz von Amphetaminen und Marihuana war, hatte mit der Tatsache zu tun, dass er als Narkoleptiker an einer – bislang nicht heilbaren – Krankheit leidet die dazu führt, „dass sein Schlafzentrum völlig außer Kontrolle ist.“ Das bedeute, er schlafe völlig unkontrollierbar plötzlich ein und vermag auch nicht aus eigener Kraft zu erwachen. Das mache für ihn eine Erwerbstätigkeit schwierig. So arbeite er nun im Betrieb seines Bruders, der ihn vor Arbeitsantritt auch täglich wecke.
Weil es von der Schulmedizin keine wirksame Hilfe gibt, habe er mit verschiedenen Drogen experimentiert. Sein Mandat habe gehofft, auf diesem Weg sein Leben in den Griff zu bekommen. In gewisser Weise funktioniere dies auch, so berichtete er, mit den stimulierenden Effekten des Amphetamin und anschließend mit der beruhigenden Wirkung des THC im Marihuana.
Bei einem Treffen hätten ihn die Jugendlichen gefragt, ob er ihnen eine Quelle für Drogen nennen könne. Um zu verhindern, dass seine Freunde an kriminelle Drogendealer gerieten, habe er ihnen eine kleine Menge, etwa zwei Gramm, kostenlos überlassen. Es sei das einzige Mal gewesen, dass Drogen übergeben wurden.
Die jungem Männer, inzwischen alle über 18, bestätigten diese Aussagen in vollem Umfang. Ihr neuer Bekannter habe sie nicht an Drogen herangeführt. Jeder von ihnen hätte auch vorher schon Kontakt zu verbotenen Betäubungsmitteln gehabt.
Genau zu dem Zeitpunkt aber, als die Jugendlichen ihre Drogen in der leer stehenden Wohnung konsumierten, es war im Dezember 2017, stellte eine Polizeibeamtin intensiven Marihuana Geruch fest, der aus der Wohnung kam. Sie alarmierte ihre Kollegen und eine Streife stellte fest, dass Clique dort fröhlich am Haschisch-Paffen war. Bei ihrer Befragung stellte sich heraus, dass sie das Material zum Kiffen vom Nachbarn bekommen hatten. So wurde die Wohnung des 35-jährigen Nachbarn durchsucht und dort Marihuana und Amphetamine gefunden.
Der Staatsanwalt stellte fest, dass es sich hier nicht um die gewöhnliche Tätigkeit eines Drogendealers handele. Der Angeklagte habe weder aus Gewinnsucht noch aus anderen verwerflichen Motiven gehandelt, bestätigte der Anklagevertreter. Freilich sei solches Tun nicht zulässig. Jedoch könne man hier einen sogenannten „minder schweren Fall“ konstatieren, der mit einer empfindlichen Geldstrafe von 6750 Euro ausreichend gesühnt werde.
Der Verteidiger sah dies ebenso, hoffte aber, dass sein Mandant mit einer Geldstrafe von 4200 Euro davonkommen möge.
Das Gericht stimmte einer Geldstrafe zu und blieb bei seiner Entscheidung mit 5400 Euro Geldstrafe zwischen den beiden Anträgen.