Jugendschöffengericht Rosenheim

Viele Vergehen und wenig Einsicht

von Redaktion

Drogenkonsum, Einbruchdiebstahl und sexuelle Nötigung einer Minderjährigen – das alles hat sich ein 19-Jähriger aus Söchtenau zu Schulden kommen lassen. Das Jugendschöffengericht Rosenheim verurteilte ihn zu einer zwölfmonatigen Bewährungsstrafe, einem vierwöchigen Arrest und 1000 Euro Schmerzensgeld.

Rosenheim/Söchtenau – Die Liste seiner Vergehen ist lang, die Einsicht des Angeklagten kaum spürbar. Vor dem Jugendschöffengericht Rosenheim wurden die Verfehlungen des Angeklagten noch einmal aufgezählt:

Am 1. April vergangenen Jahres hatte der junge Mann eine 17-jährige Schülerin zu einer abendlichen Spritztour nach Rosenheim eingeladen. Sie kam jedoch nicht alleine zu dem Treffen, sondern brachte eine gleichaltrige Freundin mit. Zu dritt fuhren sie in eine ihm bestens bekannte Waldhütte und nahmen dort auf einer Couch Platz. Den angebotenen Joint lehnten die Mädchen nicht ab, und der Angeklagte hoffte, die Stimmung könne lockerer werden. Er begann mit tapsenden Annäherungsversuchen, so war vor Gericht zu hören.

Die genauen Beschreibungen wichen allerdings voneinander ab: Die Staatsanwältin warf ihm in der Anklage, neben der Überlassung von Drogen, sexuelle Nötigung vor. Demnach hatte er dem Mädchen seiner Wahl nicht nur mehrfach unter die Bekleidung an den Busen gegriffen, sondern hatte ihr auch mehrere Male in die Hose gelangt.

Deshalb hatte er sich nun vor dem Jugendschöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Hans-Peter Kuchenbaur zu verantworten.

Als der Angeklagte in seiner Erklärung jegliche amouröse Absicht bestreiten wollte, wurde es selbst seiner Verteidigerin, Rechtsanwältin Daniela Kauer, zu viel: „Hör endlich auf, drumherum zu reden! Sonst kann dir niemand deine Erklärungen glauben. Gib zu, dass du mit dem Mädchen alleine sein wolltest! Gib zu, dass du angefressen warst, als sie zu zweit ankamen“, forderte sie ihren Mandanten auf und weiter: „Das ist alles nicht strafbar – aber glaubhaft.“

Daraufhin wurden dessen Beschreibungen naheliegender. Er gestand, dass er dem Mädchen an den Busen gegriffen habe – allerdings über der Kleidung. In die Hose habe er ihr aber keinesfalls gegriffen.

Nach einiger Zeit in der Hütte hatten die Mädchen einen anderen Freund per Handy informiert und um Abholung gebeten, hieß es vor Gericht weiter. Mit dem Joint im Blut wollte der Angeklagte seine Begleiterinnen nämlich nicht sofort nach Hause bringen. Die Mädchen hätten unbehelligt die Hütte verlassen, wurden von dem angeforderten Freund aufgenommen und nach Hause gebracht.

Als er Tags darauf per Whatsapp versuchte, wieder Kontakt mit dem Mädchen aufzunehmen, das er betatscht hatte, wurde ihm durch Dritte erklärt, dass er dies zu unter lassen habe. Dem sei er auch nachgekommen. Das Mädchen aber, das bereits vor dem Übergriff in der Hütte unter depressiven Schüben gelitten hatte, wurde durch die Ereignisse so belastet, dass sie psychiatrischer Betreuung bedurfte.

Ihre Ärztin riet ihr, sich ihrem Vertrauenslehrer an der Schule anzuvertrauen. Dadurch wurde das Ereignis strafrechtlich relevant, denn der Pädagoge war verpflichtet, in Kenntnis solcher Sachverhalte die Polizei zu informieren.

Besonders pikant entwickelte sich das Verfahren, als bekannt wurde, dass der Angeklagte am Tag nach diesem Vorfall in einen fünffachen Einbruchdiebstahl verwickelt war, dessentwegen er im September 2017 bereits verurteilt worden war. Erschwerend kam hinzu, dass er den Auflagen aus diesem Urteil nur teilweise nachgekommen war.

Schließlich gab der Angeklagte offen zu, dass er trotz Drogenverbotes noch immer Haschisch konsumiere. Als er dazu noch einräumte, dass die Drohung eines Jugendarrestes nicht ausreichen würde, ihn vom Drogenkonsum abzuhalten, wurde die Richtung eines möglichen Urteils klar. Keinesfalls würde er so günstig wie bei der vorangegangenen Verurteilung davon kommen. Mit einer einfachen Arbeitsauflage konnte es wohl nicht sein Bewenden haben.

Folgerichtig erklärte die Staatsanwältin, dass sie ihn in allen Punkten für schuldig hielt. Sie beantragte eine Verurteilung zu 20 Monaten Einheitsjugendstrafe ohne Bewährung.

Die Verteidigerin erklärte, dass zu einer sexuellen Nötigung ein Mindestmaß an Gewalt nötig sei, die hier völlig gefehlt habe. Ihr Mandant habe sich zwar unzulässigerweise dem Mädchen mehrmals handgreiflich genähert, jedoch bei deren Weigerung sofort davon wieder abgelassen. Der angebliche Griff in die Hose sei nicht nachgewiesen. Wohin solches Verhalten führe, müsse ihm selbstverständlich aufgezeigt werden. Aber dafür sei ein Arrest von drei oder vier Wochen ausreichend.

Das Gericht war anderer Ansicht. Insbesondere die Aussage, dass ein drohender Arrest ihn nicht vom Drogenkonsum abhalten konnte, ließ keine große Reue oder Einsicht erkennen. Deshalb verurteilte ihn das Jugendschöffengericht zu zwölf Monaten Einheitsjugendstrafe auf Bewährung. Unter dieser Androhung, so hoffte das Gericht, würde er nun den Auflagen nachkommen und endgültig auf Drogen verzichten. Dass er daneben aber einen vierwöchigen Arrest absitzen muss, soll ihm einen Vorgeschmack darauf verschaffen, was passiert, wenn er nicht alle Auflagen und Weisungen erfüllt.

Darüber hinaus verurteilte ihn das Gericht zu einem Schmerzensgeld von 1000 Euro, zumal er sich nicht einmal zu einer Entschuldigung bei dem Mädchen durchringen konnte.

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